× Logo Mobil

Interview mit Albin Kurti zum Kosovo

Radio
MiJ
Berichte Kosovo

Im Kosovo finden morgen wieder vorgezogene Parlamentswahlen statt. Es sind bereits die achten vorgezogenen Wahlen seit der Erklärung der Unabhängigkeit vor 13 Jahren. Grund für die politische Instabilität ist unter anderem, dass die Frage sehr umstritten ist, wie die Beziehungen mit Serbien normalisiert werden sollen. Das Parlament des Kosovo zählt 120 Abgeordnete; 20 stellen nationale Minderheiten, 100 due Parteien der Albaner. Klar stärkste Kraft werden soll nach Umfragen die Partei „Vetevendosje“, was auf Deutsch „Selbstbestimmung heißt. Ihr Vorsitzender ist der 46-jährige Albin Kurti, der bereits einmal für vier Monate Regierungschef war. Kurti hofft auf ein Wahlergebnis, das seine Partei in die Lage versetzt, gemeinsam mit 10 Abgeordneten der nationalen Minderheiten eine Regierung bilden zu können. In Pristina hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Albin Kurti gesprochen; hier sein Bericht:

Der in Pristina geborene Albin Kurti ist seit seiner Studentenzeit politisch aktiv. 1997 organisierte er Studentenproteste gegen die Unterdrückung der Albaner durch den serbischen Autokraten Slobodan Milosevic. Im April 1999, als der NATO-Krieg bereits begonnen hatte, verhaftete ihn die serbische Polizei; Kurti wurde in Serbien zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt, kam aber im Dezember 2001 – ein Jahr nach Milosevics Sturz in Belgrad – auf Druck des Westens frei. Zurück im Kosovo gründete er die Bewegung „Vetevendosje“, die durch ihren Aktionismus rasch Aufmerksamkeit erregte; aus der Bewegung entstand dann die gleichnamige Partei. Der Kampf gegen die Korruption war stets ein wichtiges Element dieser Bewegung und auch ein zentrales Thema im Wahlkampf. Dazu sagt Albin Kurti im ORF-Interview:

1'00'5 - Lustration - 2'15 – Korruption von oben - 3'23

"Ich habe nichts dagegen, dass Unternehmer in die Politik gehen, doch ich bin absolut dagegen, dass Politiker Unternehmer werden, indem sie die Macht des Staates mißbrauchen. Wir werden die Organisierte Kriminalität und die hochrangige Korruption bekämpfen, und zwar durch eine Durchleuchtung der Richter und der Staatsanwälte. Wir brauchen Effizienz bei den Richtern und aktive Staatsanwälte, die derzeit passiv sind. Richter sind nicht effizient; wir haben einen Rückstau von einer halben Million Fälle; damit muss man sich befassen. Dazu werden wir drei neue Gerichte schaffen, eines für Arbeitsrecht, das zweite für wirtschaftliche Fälle und drittens einen Verwaltungsgerichtshof."

Vetevendosje trat stets kompromisslos für das Selbstbestimmungsrecht der Kosovo-Albaner ein. Nach der Erklärung der Unabhängigkeit von Serbien im Februar 2008 bekämpfte diese Partei den Plan, durch einen Gebietstausch die Anerkennung von Serbien zu erreichen. Beim Dialog mit Serbien setzt Kurti auf eine nun wieder mögliche enge Abstimmung zwischen den USA und der EU; doch mit einem raschen Ergebnis rechnet Albin Kurti offenbar nicht:

9'26'6 - Normalisierung mit Serbien - 11'10'8

"Wir brauchen einen ständigen, soliden und gut vorbereiteten Dialog, wo Dinge ohne Zeitdruck behandelt werden, weil die Bevölkerung schließlich davon profitieren soll. Dazu zählt die Klärung des Schicksals der im Krieg vermissten Personen; das ist eines der brennenden Themen, mit dessen Lösung wir beginnen können. In sieben Jahren Dialog in Brüssel haben wir 33 Vereinbarungen erzielt; einige wurden umgesetzt, andere nicht. Dieses Kapitel soll geschlossen werden. Wir müssen ernsthaft sein und die Frage lösen, was wollen wir voneinander, und zwar im Rahmen der Integration in EU und NATO."

In der Parteizentrale von Vetevendosje ist nur die Fahne der albanischen Nation, der schwarze Doppeladler auf rotem Grund zu sehen. Sie dominiert im gesamten Kosovo. Seine Verfassung verbietet zwar einen Zusammenschluss mit Albanien, den Kurti aber trotzdem als Option betrachtet:

14'35 - Großalbanien - 15'02

"Um Albanien beitreten zu können, müssen wir zwei Dinge tun; erstens müssen wir unseren Staat viel stärker machen, der jetzt überhaupt nicht in der Lage ist, irgendjemandem beizutreten. Zweitens müssen wir die Verfassung ändern; sobald das geschehen ist, kann es zu einem Referendum kommen. Das wird nicht rasch sein, und das kann in der Zukunft nur auf friedliche und demokratische Weise geschehen."

Facebook Facebook