Die KELAG im Kreuzfeuer im Kosovo
Seit Jahren ist das Kärntner Energieunternehmen KELAG sehr stark in Südosteuropa aktiv. Gebaut wurden Kraftwerke in Bosnien, in Montenegro und in Serbien. Die größte Einzelinvestition der liegt im Kosovo. Dort investierte die KELAG-Tochter KELKOS in den Jahren 2013 bis 2018 60 Millionen Euro in den Bau von drei Kraftwerken und in die Erneuerung eines vierten Kraftwerks im Decani-Tal. Seit etwa einem Jahr steht die KELAG deswegen massiv unter Beschuss einer Nicht-Regierungsorganisation, deren Leiterin aus Decani stammt ihren Lebensmittelpunkt aber in Kanada hat. Die NGO wirft der KELAG wörtlich „ÖKOZID“, also einen Umwelt-Massenmord vor; dazu zählt, dass die KELAG die Kraftwerke in einem Nationalpark gebaut habe. Die KELAG verweist darauf, dass die letzte Genehmigung im März 2012 erfolgte, das Gebiet aber erst im Februar 2013 zum Nationalpark erklärt wurde, und weist alle Vorwürfe zurück. Das Thema spielte auch im Wahlkampf für die Parlamentswahl am Sonntag eine Rolle. Ein Lokalaugenschein von unserem Balkan-Korrespondenten Christian Wehrschütz:
Vier Kraftwerke betreibt die KELAG am Fluss Lumbardhi im Decani-Tal. Versorgt werden damit 50.000 Haushalte. Wegen der Schneelage war ein weiterer Aufstieg zu dem Ort nicht möglich, an dem die Kraftwerksbauer nach Darstellung der NGO „Pishtaret“, auf Deutsch Fackelträger, zu viel Schotter abgebaut und den Fluss ausgetrocknet haben sollen. Natürlich führt der Fluss im Sommer weniger Wasser als im Winter, was einen Vergleich schwierig macht. Die NGO erhebt weitere Vorwürfe gegen das Unternehmen aus Kärnten:
Shpresa Loshaj
10'17 - Wasserentnahme - 10'40'9
"KELAG sagt, dass sie den Wasserstand messen, doch bis vor einer Woche hatte die KELAG nicht einmal eine Studie, die misst, wie viel Wasser im Fluss ist."
Dieser Behälter enthält eine elektronische Pegelsonde, die die Wassermenge misst. Nach Angaben der KELAG muss die Restwassermenge bei 10 bis 15 Prozent liegen, ansonsten müssen die Kraftwerke abgeschaltet werden; das war um Vorjahr wegen der großen Trockenheit im August und September der Fall:
1'19'5 - Messsonde und Gesetz - 1'41'5
"Bei allen Kraftwerken sind solche Messstationen installiert, und wir können dann jederzeit diese Messwerte auch dem Ministerium zur Verfügung stellen, um nachzuweisen, dass wir uns zu jeder Zeit an die gesetzlichen Vorschriften halten und genügend Restwasser in den Bach zurückgeben."
Einige Kilometer oberhalb des höchstgelegenen Kraftwerks sollte die KELAG einen Damm bauen; damit hätte auch in den trockeneren Sommermonaten mehr Strom erzeugt werden können. Der Bau kam aber nicht zustande:
2'06 - Damm und KELAG - 2'26
"Ursprünglich war es geplant, den Speicher mit drei Millionen Kubikmeter Inhalt zu errichten, und das ist natürlich eine riesen Wassermenge. Im Falle eines Speicherbruches wäre hier das gesamte Decani-Tal überflutet gewesen."
Diese Darstellung lässt die NGO nicht gelten:
Shpresa Loshaj 5'02 - Damm - 5'40
"Wir haben mit Ingenieuren gesprochen, die Tests durchgeführt haben. Sie sagten, dass es möglich sei, den Damm zu bauen, weil die Technologie so fortgeschritten und in Deutschland die gesamte Technik verfügbar ist, um den Damm zu bauen. Doch Kellag will den Damm nicht bauen, weil er größer sein müsste. Ich denke, dass die KELAG aus verschiedenen Gründen den Damm nicht bauen will; dazu zählt, weil KELAG das Geld nicht ausgeben will."
Namen der Experten nannte Shpresa Loshaj nicht; ebenso wenig konnte sie die genannten Tests vorlegen.
Auf ihrer Webseite beschuldigt die NGO die KELAG, eine Quelle zum Versiegen gebracht zu haben. Ein Lokalaugenschein vor Ort zeigt ein anderes Bild. Den Schlauch soll ein Restaurant in der Nähe angebracht haben. Dazu sagt Shpresa Loshaj aus Kanada:
13'45 - Quelle - 14:00
"Es ist leicht für Sie etwas zu sagen, weil ich nicht dort bin, und ich kann sagen, was immer ich will. Dass Sie sagen, dass dort Wasser ist, ist sehr unglücklich, denn ich bin sicher, dass dort kein Wasser ist, auch wenn ich gerade nicht dort bin."
Die KELAG gibt an, mit der Quelle nichts zu tun zu haben. In einer schriftlichen Stellungnahme des lokalen Wasserversorgers Hidrodrini heißt es, dass die Quelle seit dem Jahre 2010 genutzt, um Ortschaften mit Trinkwasser zu versorgen, die unter Wasserknappheit litten. Von einem Versiegen der Quelle steht in dem Text nichts. Die KELAG hat Shpresa Loshaj mittlerweile geklagt, über den Stand des Verfahrens ist nichts bekannt. Ihre Schwester Venera schrieb jüngst in einem Posting auf der Facebook-Seite der KELAG: „Kelag Energie you are Killers!“ Shpresa Loshaj rechtfertigt diesen Vorwurf:
Shpresa Loshaj 17'40 - Ökozid - 17'59
"Wir werden die Sache überall vortragen, einschließlich nach Den Haag, weil das ein internationales Verbrechen ist, ein Ökozid" zu begehen. Wir werden alles tun, um die Welt wissen zu lassen, was die KELAG im Kosovo tut."
Die KELAG hat das Posting bereits gelöscht. In der Zeit des Baubeginns war Dardan Gashi Umweltminister. In dieser Funktion setzte er etwa gegen massiven Widerstand den Schutz von Bären durch, die in Restaurants gehalten wurden. Nun arbeiten Gashi, der lange in Österreich gelebt hat, wieder als Journalist. Zum Fall KELAG sagt er:
Dardan Gashi 12'51 - KELAG und Hysterie - 13'19
"Ich habe selber auch als Umweltminister und früher überhaupt noch nie erlebt, dass so etwas mit einer Inbrunst an Hysterie betrieben wird, ohne dass es überhaupt Tatsachen gäbe, die das belegen. Ich habe mir auch angeschaut wer das ist: im Prinzip wäre es schon hilfreich, wenn Personen oder Organisationen, die etwas Kompliziertes wie ein Wasserkraftwerk kritisieren, auch was davon verstehen."
Ein Kraftwerk liegt im Schutzgebiet um das serbisch-orthodoxe Kloster Decani. Dessen Zustimmung war für den Bau nötig. Gegen den Willen des Klosters verbreiterte die Gemeinde Decani die Straße von drei auf sechs Meter. Der Bau erfolgte derart, dass das Befahren der Straße nunmehr lebensgefährlich sein kann. Das kritisiert der Abt des Klosters, der die Arbeit der KELAG positiv bewertet:
35'20 - Dank an KELAG - 36'35
"Ich möchte besonders die gute Zusammenarbeit mit der Firma KELAG in der Schutzzone erwähnen. Eine dieser Wasserkraftwerke liegt in der Schutzzone. Gebaut wurde es mit der Genehmigung und nach allen Kriterien, die die Kommission für die Umsetzung der Schutzzone vorgegeben hat. Wir sind sehr zufrieden und wir halten es für unangebracht, dass die KELAG einer Kritik ausgesetzt war, die Umwelt geschädigt zu haben und so weiter. Den größten Schaden hat der Bau der Straße angerichtet, die erweitert wurde und in großem Ausmaß die gesamte Umwelt verändert hat. Daher ist es sehr wichtig, dass die geschädigte Vegetation so rasch wie möglich erneuert wird."
Proteste der NGO Pishtaret gegen die Umweltschäden im Decani-Tal durch diesen Straßenbau sind bisher nicht bekannt.