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Kosovo: Lokalwahlen mit europäischer Dimension

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Berichte Kosovo
Die Lokalwahlen im Kosovo am Sonntag sind aus drei Gründen wichtig: für die Parteien der albanischen Mehrheit sind sie eine Generalprobe für die Parlamentswahl im kommenden Jahr. In den zehn Gemeinden, in denen die serbische Minderheit dominiert, findet ein Kräftemessen zwischen drei Gruppen statt; zwischen Parteien, die seit Jahren mit den Albanern zusammenarbeitet; zwischen der Liste „Srpska“, die von Belgrad kontrolliert wird, und zum ersten Mal antritt, und zwischen den Serben, die die Wahl boykottieren wollen. Die europäische Dimension der Wahl wiederum gilt für Albaner wie Serben gleichermaßen; denn friedliche Wahlen sind ein wichtiger Test für die Normalisierung zwischen Serbien und dem Kosovo und eine Bedingung dafür, dass beide Staaten ihren Weg Richtung EU fortsetzen können. Die Teilnahme der Serben ist daher auch Teil einer Vereinbarung über die Normalisierung der Beziehungen, die im April unter Vermittlung der EU geschlossen wurde.

Trotzdem ist die Bedeutung der Wahl umstritten. Der Kosovo sieht darin einen ersten Schritt zur Integration des serbisch dominierten Nordkosovo in den kosovarischen Staat, weil die Lokalwahl zum ersten Mal seit dem Kosovo-Krieg im Jahre 1999 auf der Basis kosovarischer Gesetze stattfindet. Diese Meinung teilen die Kosovo-Serben, die die Wahl boykottieren wollen. Sie werfen der Regierung in Belgrad Verrat vor. Im Nordkosovo dürfte daher die Beteiligung nach Umfragen bei weniger als 20 Prozent liegen. Im Wahlkampf wurden auf Häuser serbischer Kandidaten mehrere Sprengstoffanschläge verübt. Belgrad dagegen betont, dass die Wahl „statusneutral“ sei und keine indirekte Anerkennung des Kosovo darstellen. Hinzu kommt noch eine geographische Teilung unter den Serben; die Serben in den sechs Gemeinden südlich des Flusses Ibar leben umgeben von einer albanischen Mehrheit. Sie müssen mit den Albanern zusammenarbeiten, befürchten aber einen schrittweisen Auskauf ihres Landes durch Albaner und damit eine albanische Majorisierung. Die von Belgrad dominierte Lieste „Srpska“ sehen daher viele Serben als einen Schutz vor den Albanern und den mit ihr kooperierenden Parteien, die vielfach als Verräter angesehen werden. Im Gegensatz dazu will die serbische Mehrheit im Nordkosovo bei Serbien bleiben. Dort ist auch die Boykottbewegung am stärksten. Angesichts dieser Gegensätze ist es kein Wunder, dass gleich 31 serbische Listen antreten. Direkt gewählt werden die Bürgermeister, wobei auch in den zehn Serben-Gemeinden mit einigen Stichahlen in vier Wochen zu rechnen ist. Belgrad ist jedenfalls an einer hohen Wahlbeteiligung interessiert, und zwar aus zwei Gründen. Erstens geht es um eine Legitimierung der Brüsseler Vereinbarung mit dem Kosovo; zweitens geht es um den Sieg der Liste „Srpska“, weil nach der Wahl die zehn Gemeinden einen serbischen Gemeindebund im Kosovo bilden werden, der über einige Kompetenzen verfügt.

Massive Zweifel gibt es aber daran, ob die Lokalwahl korrekt ablaufen wird. Registriert sind knapp 1,8 Millionen Wähler, doch nach der Volkszählung 2011 hat der Kosovo nur 1,74 Millionen Einwohner. Selbst wenn man vertriebene Serben einrechnet, ist die Diskrepanz enorm, weil im Kosovo etwa 500.000 Personen jünger als 18 Jahre und somit nicht wahlberechtigt sind. Überwacht werden die Wahlen von 16.000 lokalen und internationalen Beobachtern.

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