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EULEX startet im Kosovo

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Wiener Zeitung
Berichte Kosovo
Aus der Sicht der EU ist EULEX eine Mission der Superlative. Im Kosovo werden bis zum Winter 1400 Polizisten und 500 Richter, Staatsanwälte und Justizwachebeamte eingesetzt; dazu zählen auch mehr als 20 Österreicher; hinzukommen 1000 lokale Mitarbeiter. Damit ist EULEX die größte Mission in der Geschichte der EU und mit einem Budget von mehr als 300 Millionen Euro pro Jahr auch nicht gerade billig. Im Gegensatz zur bisherigen UNO-Verwaltung UNMIK hat EULEX vorwiegend beratende Funktion aber nicht nur. Eingreifen soll sie nur in Fällen der Organisierten Kriminalität (Geldwäsche, Drogen- und Menschenhandel), bei Kriegsverbrechen und bei Verbrechen mit ethnischem Hintergrund; dieses Eingreifen soll auch nur dann erfolgen, wenn die lokalen Behörden nicht Willens oder nicht in der Lage sind, derartige Fälle selbst zu lösen. Über die Übernahme derartiger Fälle entscheidet die EULEX selbst.

Mit der Übernahme ihrer eigenen Mission hatte EULEX bisher jedenfalls beträchtliche Probleme: Beschlossen hatte die EU die Entsendung einer eigenen Polizei- und Justizmission bereits knapp vor der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo Anfang Februar diese Jahres Der ursprüngliche Plan, die UNO-Verwaltung UNMIK sofort völlig zu ersetzen, scheiterte im UNO-Sicherheitsrat am Widerstand Russlands und Serbiens. Dieser Widerstand konnte erst vor zwei Wochen durch einen Kompromiss in der UNO überwunden werden. Er macht nun die Stationierung von EULEX auch in den serbischen Enklaven und im kompakt besiedelten serbischen Norden des Kosovo möglich. Dort war der Widerstand der Serben am größten; bei Unruhen im März wurde in der zwischen Albanern und Serben geteilten Stadt Kosovoska Mitrovica sogar in UNO-Polizist getötet. Gedeckt wurden diese Ausschreitungen damals von der nationalistischen Regierung in Belgrad.

Doch nun ist in Belgrad eine Regierung am Ruder ist, die Serbien in die EU führen will. Mit ihr konnte ein Kompromiss gefunden werden, der sechs Punkte umfasst; sie regeln die Tätigkeit der Polizei, des Zolls, der Justiz sowie die Themen Infrastruktur, Verkehr und den Schutz der serbischen Kirchen und Klöster. Grundsätzlich ist festgelegt, dass die EU-Mission unter dem Dach der Resolution 1244 agieren wird. Darauf bestand Serbien, weil nach Ansicht Belgrads in der Resolution der territoriale Anspruch auf den Kosovo verbrieft ist. EULEX wird somit seine Aufgabe erfüllen, das Justiz- und Polizeiwesen zu verbessern, formal allerdings nicht als Umsetzung des Ahtisaari-Plans sondern statusneutral, wie es im Diplomatendeutsch heißt. In der Praxis dürfte das aber mehr eine Leerformel bleiben, weil natürlich technische Missionen wie die EULEX weitgehend unabhängig vom Status arbeiten. Ihre Stationierung im ganzen Kosovo stärkt zweifellos die territoriale Einheit des jungen Staates.

Die Albaner sehen in dem Kompromiss jedoch eine Aushöhlung ihrer ohnehin beschränkten Souveränität und eine Vertiefung der De-facto-Spaltung des Kosovo. Denn die UNMIK wird vor allem im serbischen Norden und in den Enklaven tätig sein. Trotzdem nahmen die Albaner den Kompromiss hin; denn ersten wird UNMIK nun weiter abgebaut; zweitens wird EULEX im ganzen Kosovo stationiert, und die Einheit des Zollgebiets wird wieder hergestellt. Nach der Unabhängigkeit hatten serbische Demonstranten die zwei Zollstationen an der Grenze zu Serbien zerstört, nun werden sie wieder aufgebaut. Damit soll der grassierende Schmuggel eingedämmt werden, der auch Belgrad wegen des Verlusts an Zolleinnahmen und Steuern ein Dorn im Auge ist.

Trotz aller Vereinbarungen in New York ist jedenfalls klar, dass die Tage der UNMIK im Kosovo gezählt sein dürften und die Übergabe an EULEX schon in vollem Gange ist. Dazu zählen 200 UNMIK-Mitarbeiter, aber auch Fahrzeuge, Gebäude und Funk.

Ab heute werden die internationalen Polizisten nur mehr EULEX-Abzeichen tragen; trotzdem wird ihr Einzug in den serbischen Enklaven und im kompakt besiedelten serbischen Norden sehr behutsam erfolgen. Grund dafür ist das massive Misstrauen der Serben, nicht zuletzt das Ergebnis einer langen Kampagne der früheren nationalistischen Regierung in Belgrad. Daher muss EULEX vor allem Vertrauen schrittweise aufbauen; das wird im Norden schwieriger sein als in den serbischen Enklaven; dort wissen die Serben, dass sie die EU-Mission auch vor möglichen Übergriffen der albanischen Mehrheit und ihrer Institutionen schützen kann.

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