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Kosovo ist unabhängig

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Berichte Kosovo
Volksfeststimmung und Freudentaumel kennzeichneten die Stimmung in den albanischen Siedlungsgebieten des Kosovo bereits am Samstag, einen Tag vor der Erklärung des Kosovo. Wohl keiner der zwei Millionen Albaner dürfte nicht gefeiert haben. Das Wochenende der Ausrufung der Unabhängigkeit dürfte auch zu den seltenen Zeitpunkten gezählt haben, in denen möglicherweise tatsächlich zwei Millionen Albaner im Land wahren. Viele Gastarbeiter kamen aus aller Herrn Länder, auch für die Fluglinien ein gutes Geschäft. Die zentralen Feiern spielten sich in Prishtina, der neuen Hauptstadt des unabhängigen Kosovo ab. Autokolonnen mit albanischen Fahnen zogen hupend durch die Straßen, jeder mögliche Ort war mit Fahnen geschmückt. Eine größere albanische Flagge kostete 10 Euro, ein gutes Geschäft für die fliegenden Händler in den Straßen. Geschwenkt wurden aber auch viele Fahnen der USA, der Schutzmacht Nummer eins der Kosovo-Albaner. Weit weniger häufig waren britische und deutsche Fahnen, Länder die die Unabhängigkeit ebenfalls anerkennen werden. Durch die zentrale Straße von Prishtina, beim legendären Grand Hotel, das nach wie vor in mäßigen Zustand ist, zog eine unübersehbare Menschenmenge – vor bei an einer mehr als 20 Meter langen Geburtstagstorte für den neuen Staat.

Die Ausrufung der Unabhängigkeit selbst erfolgte am Nachmittag in einer Sondersitzung des Parlaments in Prishtina per Akklamation. Anschließend unterschrieben Präsident Fatmir Sejdiu und Ministerpräsident Hashim Thaci und dann alle Abgeordneten das Dokument. Es umfasst 12 Punkte. Darin wird der Kosovo als Staat definiert, der dem Frieden und der Stabilität verpflichtet ist. Ziel ist die Mitgliedschaft in EU und NATO. Charakterisiert wird der Kosovo als demokratische, laizistische und multiethnische Gesellschaft. In der Unabhängigkeitserklärung verpflichtet sich der Kosovo auch, eine militärische und zivile internationale Präsenz zu akzeptieren, und sich nach den Grundsätzen des Ahtisaari-Plans zu gestalten. Dieser von Serbien abgelehnte Plan sieht eine Unabhängigkeit vor, die von der Friedenstruppe KFOR und einer EU-Mission überwacht wird, die die UNO-Verwaltung nun schrittweise ablöst. Beschlossen hat das Parlament in Prishtina auch neue staatliche Symbole. Sie unterscheiden sich klar von der derzeit gebräuchlichen roten albanischen Fahne mit schwarzem Doppeladler. Diese Fahne war jedoch in Prishtina allgegenwärtig, und es wird wohl einige Zeit dauern, bis die Albaner diese neuen Symbole annehmen werden.

In den serbischen Gebieten schwankt die Stimmung zwischen Erbitterung und Niedergeschlagenheit. Die serbische Orthodoxie spielte wieder ein Mal die Rolle des Scharfmachers. Bischof Artemije verlangte die Mobilmachung der serbischen Streitkräfte; Russland solle Truppen in Serbien stationieren, das Land mit neuen Waffen aufrüsten und zusätzlich Freiwillige schicken, verlangte der Bischof. Doch abgesehen von Artemije haben Serbien und die Serben mit Besonnenheit reagiert. Heute sollen jedoch Massenproteste stattfinden. Sie sind auch in Serbien geplant. Ministerpräsident Vojislav Kostunica bezeichnete den Kosovo wörtlich als Quasi-Staat auf serbischem Boden unter NATO-Kontrolle. Den USA war er eine Politik der Gewalt vor und die EU beschuldigte Kostunica alle ihre Prinzipien gebrochen zu haben. Das Parlament in Belgrad wird voraussichtlich am Dienstag die Unabhängigkeit des Kosovo für nichtig und die EU-Mission für illegal erklären, verhindert werden sie dadurch nicht. Trotzdem ist die Zukunft des Kosovo nicht gerade rosig. Einer UNO-Mitgliedschaft steht das Veto Russlands entgegen, und die albanische Führung kann nun nicht mehr Belgrad für alle die enormen sozialen und wirtschaftlichen Probleme verantwortlich machen, die zu lösen sind.

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