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Kosovo vor der Wahl

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Berichte Kosovo
Im Kosovo wird heute (am Samstag) ein neues Parlament gewählt. Es ist dies die zweite freie und demokratische Parlamentswahl seit dem Ende des Kosovo-Krieges vor mehr als fünf Jahren. Wahlberechtigt sind 1,4 Million Bewohner dieser nach Unabhängigkeit strebenden serbischen Provinz. Um ihre Stimmen werben 33 Parteien und etwa 1.300 Kandidaten. Etwa 25 der wahlwerbenden Listen sind albanische Parteien. Sie alle treten für die Unabhängigkeit des Kosovo und für eine Verbesserung der tristen sozialen und wirtschaftlichen Lage ein. Neben den albanischen Parteien kandidieren auch zwei serbische Listen und Parteien, die um die Stimmen der Bosnjaken, Türken und anderer Minderheiten des Kosovo werben.

All diese Minderheiten begünstigt das Wahlrecht. Von den 120 Sitzen des Parlaments werden 100 entsprechend dem Stimmenanteil vergeben. Je zehn Sitze sind für die serbische Minderheit und für andere Minderheiten reserviert. Minderheiten können somit bei einer hohen Wahlbeteiligung zusätzliche Mandate gewinnen. So waren die Serben im Parlament mit bisher 22 Abgeordneten vertreten. Diese Zahl ist heute (am Samstag) außer Reichweite, weil die Regierung in Belgrad die Kosovo-Serben und ihre vertriebenen Landsleute zum Boykott der Wahl aufgerufen hat. Belgrad ist der Ansicht, dass selbst die minimalen Lebensrechte der Serben im Kosovo nicht gewährleistet sind und betrachtet die Wahlteilnahme daher als sinnlos. Für die Wahlteilnahme hat sich nur der serbische Präsident Boris Tadic ausgesprochen. Doch seine Kompetenzen sind gering, und sein Wahlaufruf dürfte im Kosovo nur wenig Wirkung zeigen. Hinzu kommt, dass auch vertriebene Serben wählen dürfen, die in Serbien leben; doch die Regierung hat nichts unternommen, um für diese Vertriebenen die Wahl zu organisieren. Somit hat die Wahl im Kosovo in Serbien nur die Gegensätze zwischen Boris Tadic und Ministerpräsident Vojislav Kostunica und damit die politische Instabilität verschärft, ohne an der zu erwartenden geringen Wahlbeteiligung etwa zu ändern.

Wenig ändern dürfte die Parlamentswahl nach Umfragen auch bei den Kräfteverhältnissen der drei führenden albanischen Parteien. Die LDK von Präsident Ibrahim Rugova dürfte stärkste Kraft bleiben, gefolgt von ihren zwei Koalitionspartnern, PDK und AAK, die aus der Freischärlerbewegung UCK hervorgegangen sind. LDK, PDK und AAK werden somit wohl auch weiter die Regierung bilden, der auch zwei Vertreter nationaler Minderheiten angehören.

Die neue Regierung wird zwei zentrale Aufgaben haben. Erstens müssen die demokratischen und rechtsstaatlichen Standards des Kosovo verbessert und die Basis für eine Rückkehr vertriebener Serben geschaffen werden. Zweitens hat die Regierung gemeinsam mit der Internationalen Gemeinschaft und mit Serbien ab Sommer nächsten Jahres über den internationalen Status des Kosovo zu verhandeln. Welcher Kompromiss zwischen albanischem Unabhängigkeitsstreben und serbischem Vorschlag einer weitgehenden Autonomie gefunden werden kann ist unklar. Klar ist, dass UNO, EU und kosovarische Regierung endlich eine Entwicklungsstrategie vorlegen müssen. Die Jugendarbeitslosigkeit wird auf mehr als 60 Prozent geschätzt, mehr als 80 Prozent aller Waren werden importiert, und die UNO-Verwaltung UNMIK ist der größte Arbeitgeber. Zwar hat die UNMIK der kosovarischen Regierung bereits einige Kompetenzen übertragen, doch die zentralen Kompetenzen hält noch immer die UNO in ihren Händen und dieses Umstand erhöht nicht gerade die Effizienz der gesamten Verwaltung des Kosovo. Für das kommende Jahr sind weitere Kompetenzübertragungen an die Regierung geplant, und auch an der Durchführung der Wahl sind – anders als noch vor drei Jahren – bereits lokale Institutionen beteiligt. Überwacht wird die Wahl von etwa 100 internationalen Beobachtern, vor drei Jahren waren es noch 2000.

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