Reportage aus dem Nordkosovo
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Berichte Kosovo
Im Katz- und Maus-Spiel mit den Serben im Nord-Kosovo verwandelte sich die KFOR Ende November in die Katze. Beim Ort Cabra nahmen die Soldaten im Handstreich eine Barrikade der Serben und sperrten damit gleichzeitig einen Verbindungsweg der Serben zwischen zwei Tälern. Der zweimalige Angriff serbischer Demonstranten wurde zurückgeschlagen, und nach wie vor kontrollieren deutsche und österreichische Soldaten bei Cabra den Verkehr, der derzeit nur von der schlechten Straße behindert wird. Mit dabei war Ende November auch der 22-jährige Korporal Arnold Kreuzer, der Bordschütze auf einem Pandur-Panzer ist:
„Man rechnet eigentlich nicht wirklich damit, dass eine Granate neben dir landet; es denkt sich vermutlich Scheiße, Scheiße, Scheiße, das hat jeder gedacht, doch dann erinnert man sich an die Ausbildung zurück und reagiert danach: Kameraden bergen, retten, dann wieder zurück auf den Posten, schauen dass dir kein Stein auf den Kopf fällt.“
Kreuzer ist einer von 120 österreichischen Soldaten, die seit Beginn der Krise vor mehr als fünf Monaten im Nord-Kosovo sind. Zu ihnen zählt der 19-jährige Gefreite Dominik Klein, der natürlich ebenfalls froh ist, bisher nicht verletzt worden zu sein. Klein ist Schildträger und war Ende November ebenfalls im Brennpunkt. Nach dem Grund des Konflikts fragt Klein nicht:
„Mir ist es im Grunde wurscht, was die Demonstranten von mir denken. Ich habe meinen Auftrag, ich mache meinen Auftrag, und das ist es, was zählt.“
Überwacht wird die KFOR bei Cabra auch von lokalen Serben; sie haben an einem Feldweg ihr Lager, den ein Balken mit Stacheldraht und mit einem KFOR-Posten von der Landstraße trennt, die beide Täler verbindet. Als Friedenstruppe gilt die KFOR den Serben hier nicht:
„Sie sind eine Hitler-Truppe, Hitler kaputt. Sie sind Nachfahren Hitlers
Einfach nicht geglaubt wird, dass ein Demonstrant die Soldaten mit einer Handgranate beworfen hat:
„Nein, nein sicher nicht; hier gab es einen Wirbel, es hätten auch Serben verletzt werden können durch diese Handgranate und nicht nur ein österreichischer Soldat. Hier herrschte ein Chaos. Wir haben hier verteidigt und nicht klein beigegeben. Sie haben sich in Bewegung gesetzt, wir haben nicht nachgegeben.“
Dieser Unglaube hat auch mit der dilettantischen Medienpolitik der KFOR zu tun, die von politischen Rücksichten aus Brüssel diktiert wird. So gab die KFOR an, Bilder vom Handgranatenwurf zu haben, veröffentlich wurden sie nicht, und dass schadet zumindestens der Glaubwürdigkeit der KFOR. Ihr Bild hat sich im Norden zweifellos verschlechtert, obwohl die Masse der Serben nicht gewaltbereit ist. Regelmäßige Treffen mit den vier serbischen Bürgermeisten im Norden sollen vertrauensbildend und dem Klischee eines Besatzers entgegen wirken. Doch kein Serbe kann sich hier vorstellen unter albanischer Herrschaft zu leben, und darin besteht das Grundproblem. Es trifft die EU-Polizei-Mission EULEX noch stärker als die KFOR. Graffiti im Norden schreiben das X von EULEX mit einem Hakenkreuz; die Mission gilt als rein pro-albanisch; warum, erläutert der Bürgermeister der Gemeinde Zubin Potok, Dragisa Milovic
„Die EULEX muss statusneutral sein; ihr Mandat ist es nicht, albanische Beamte und Zöllner aus Pristina an die Grenzübergänge zu transportieren. Das ist der Grund, dass sie sich nicht in den Norden bewegen kann.“
Zu diesen Grenzübergängen werden EULEX-Beamte daher geflogen. Ihre Bewegungsfreiheit im Norden muss Teil einer politischen Lösung sein, die noch auf sich warten lassen wird. Serbien steht wenige Monate vor der Parlamentswahl; und von der Krise hofft vor allem die nationalistische Opposition zu profitieren, die den Nord-Kosovo dominiert. Daher wird die KFOR wohl auch weiter die Grenzübergänge im Norden zu Serbien bewachen, auf denen es zwar Zöllner mangels Verkehr aber nichts zu verzollen gibt.