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Interview mit dem Kommandanten der Friedenstruppe KFOR, General Erhadr Bühler

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Berichte Kosovo
CW: Herr General Bühler, wie sehen Sie die Lage im Norden derzeit? Gibt es natürlich das Interesse, die Spannungen zu senken? Auf welcher Weise versucht man das zu erreichen? Und was sind auch Ihre Erwartungen in der Entwicklung in den nächsten Tagen?

EB: Es wird weitere Gespräche geben, es wird auf der europäischen Ebene auch weitere Verhandlungen geben. Wir haben beide Grenzübergänge offiziell geschlossen, den Zivilverkehr geöffnet. Durch die hohe Bedrohung der beiden Grenzübergänge und auch durch die hohe Druckenpräsenz um die Sicherheitslage sind sie für Schwerlast gesperrt. Wir werden versuchen diese Situation unter Kontrolle zu behalten. Wenn ich sage „wir“, da meine ich die Kfor, Eulex, aber auch die Polizei. Man muss die Menschen in dem Vertrauen bestärken, dass die Sicherheitsorgane die Lage im Griff haben. Und man muss versuchen, jede weitere Eskalation zu vermeiden, und dabei sind wir, wir werden allerdings uns verstärken bei Kfor, wir werden das sogenannte OFR-Bataillon, die Operative Reserve aus Deutschland und aus Österreich abrufen. Sie werden in diesen Tagen auch hier reinkommen, nicht um eine Eskalation durchzuführen, sondern um hier die Möglichkeit zu geben, mehr Kräfte zu haben. Im Augenblick sind die Kräfte sehr angespannt, wir sind mit allen Kräften im Grunde genommen draußen, und ich habe keine Reserven mehr. Insofern begrüße ich den Schritt der Nato, dass man dieses Bataillon hier reingeholt hat.

CW: Der Norden Kosovos galt und gilt eigentlich als eine rechtlose Zone der Regierung Prishtinas, übt dort nicht die Gewalt aus. Der Einfluss Serbiens ist begrenzt. Es gibt lokale Kapos, die eine Mischung aus Schmuggel an Geschäftsleuten und Mitgliedern der organisierten Kriminalität sind. Irgendwann wird man wohl auch Rechtstaat in dem Norden des Kosovo tragen müssen.

EB: Man hätte das längst tun müssen. Es ist eine der Ursachen der Problematik heute, man hat viel zu lange zugelassen, dass es hier Strukturen herausgebildet haben, radikale Strukturen und insbesondere sehr starke kriminelle Strukturen, die übrigens multiethnisch aufgestellt sind, die durchaus kosovo-albanisch sind und kosovo-serbisch und gerade diese Strukturen, radikale und kriminelle, da geht es um Machterhalt, da geht es um Geld, und die sind diejenigen die wirklich das Sagen heute haben im Norden. Das sind diejenigen, die auch die bewaffneten Kräfte steuern, sie auch bezahlen. Das sind diejenigen, die die Roadblocks steuern auch die Menschen bezahlen, die an den Roadblocks Wache stehen. Und im Grunde genommen die friedliebende Bevölkerung, das sind sie ja im Norden auch gewissermaßen als Geisel nehmen.

CW: Wie groß beurteilen Sie die Gefahr dass dieser Konflikt im Norden, der kein unmittelbarer Konflikt zwischen Albanern und Serben ist, weil es dort oben kaum Albaner gibt, dass das auch auf Süden Kosovos übergreift, wo wir die Serben in Enklaven haben?

EB: Ich bin dankbar, dass die Bevölkerung im Süden des Kosovos die Lage sehr gelassen sieht. Bin dankbar, dass das Vertrauen in Kfor da ist. Wir arbeiten natürlich dran und haben auch die Lage im Süden im Blick. Einzelne Zwischenfälle können sicherlich nicht ausgeschlossen werden. Ich glaube dass wir mit größeren Zwischenfällen im Süden nicht zu rechnen haben.

CW: Wie beurteilen Sie die Rolle Serbiens?

EB: Ich glaube es ist im Interesse von Serbien, dass die Lage im Kosovo, im Norden des Kosovo ruhig bleibt. Insofern glaube ich, dass die staatlichen Akteure, auch Prishtina, auch die internationale Gemeinschaft ein ganz hohes Interesse hat, dass der Dialog weitergeführt wird und als Voraussetzung dafür auch die gegenwärtige angespannte Lage sich beruhigt.

CW: Der Kosovo ist derzeit mehr als drei Jahre unabhängig. Formell gesehen, er kontrolliert nicht sein gesamtes Staatsterritorium. Was ist eine sicherheitspolitische Lehre, die Europäische Union nach diesen Ereignissen ziehen muss was den Norden betrifft? Muss man zu der Erkenntnis kommen, so kann es nicht weitergehen eigentlich?

EB: Also, ich glaube die Erkenntnis ist j da, sie ist schon seit längerem da. Ich denke nur, dass wir Schritt für Schritt es auch tun müssen. Wir müssen Recht und Gesetz auch im Norden durchsetzen, das ist die entscheidende Frage und das ist für mich gar keine politische Frage, denn das ist eine polizeiliche Frage. Wir haben hier genügend Eulex Polizei im Land und wir haben auch genügend andere Sicherheitsorgane im Land. Recht und Ordnung muss dort gesetzt werden, so dass auch die Politik dann auch anschließend politische Lösungen erzielen kann.

CW: Herr General Bühler, wir danken für das Gespräch.

EB: Danke auch.

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