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Neue Spannungen zwischen Belgrad und Pristina

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Berichte Kosovo
Im serbisch dominierten Norden des Kosovo haben sich gestern die Spannungen zwischen der albanischen Mehrheit und der serbischen Minderheit aber auch mit Serbien neuerlich verschärft. Anlass dazu bildete ein Einsatz kosovarischer Sonderpolizisten; sie besetzten zwei Grenzübergänge zu Serbien, die bisher nur von der EU-Polizeimission EULEX verwaltet wurden. Bei der Aktion kam es auch zu Zusammenstößen mit serbischen Demonstranten; aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Der serbisch dominierte Norden ist der albanischen Mehrheit des Kosovo schon seit dem Ende des Nato-Krieges im Sommer 1999 ein Dorn im Auge. Dieser Dorn schmerzt seit der Unabhängigkeitserklärung vor mehr als zwei Jahren noch mehr, weil der Norden eher von Belgrad als von Pristina kontrolliert wird. De facto herrscht dort eher Rechtslosigkeit; die Zollkontrollen an den zwei Grenzübergängen, Jarinje und Brnjak, sind zwar mittlerweile in den Händen des kosovarischen Zolls, funktionieren aber mehr schlecht als recht und der Schmuggel mit Serbien blüht. Diese beiden Punkte besetzten in der Nacht und in der Früh kosovarische Sonderpolizisten, trotz einer Straßenblockade der lokalen Serben. Fünf Polizisten wurden bei Zusammenstößen verletzt, ob Serben verletzt wurden, steht noch nicht fest. Die EU-Polizeimission EULEX gab sich unwissend, hat aber mittlerweile die Brücke gesperrt, die in der Stadt Kosovska Mtrovica den albanischen Südteil mit dem serbischen Nordteil verbindet. Dadurch soll eine Ausdehnung des Konflikts verhindert werden. Um eine Beruhigung bemüht sind auch der Kommandant der Friedenstruppe KFOR und der Serbe Borko Stefanovic, der im Auftrag Belgrads den Dialog mit Pristina über praktische Probleme führt. Den Sonderpolizei-Einsatz bewertete Borko Stefanovic so:

„Diese Aktion wurde mit dem Ziel durchgeführt, die Serben im Norden des Kosovo zu provozieren. Doch noch schlimmer ist, dass mit Gewalt und Provokation der Ausgang des Dialogs mit Pristina präjudiziert werden soll, den wir führen. Ziel war, eine Situation zu schaffen, über die dann gar nicht mehr verhandelt werden muss. Für Serbien und die Serben im Norden des Kosovo ist es lebenswichtig, dass die Lage so bleibt wie sie ist, und die Realität vor Ort nicht einseitig geändert wird.“

Teil dieser Realität ist, dass Serbien keine Waren aus dem Kosovo passieren lässt, die den Zollstempel des unabhängigen Kosovo tragen. Probleme gibt es auch bei der Einfuhr von Waren, deren Beschriftung der Unabhängigkeit des Kosovo Rechnung trägt. Nach mehr als zwei Jahren verhängte nun Pristina Gegenmaßnahmen und blockiert alle Importe aus Serbien; um diese Handelsblockade und den Rechtsstaat im Norden besser durchsetzen zu können, seien auch die beiden Grenzübergänge besetzt worden, begründet Pristina den Einsatz der Sonderpolizei. Ob und wie lange sie vor Ort bleiben wird, werden die laufenden Verhandlungen zeigen. Doch der Zwischenfall zeigt wieder ein Mal mehr, wie wichtig eine umfassende Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo für eine dauerhafte Stabilisierung des Balkan ist.

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