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Gespräch über weitere Entwicklung im Kosovo und in Serbien

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Berichte Kosovo
Nach der Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo wird die ehemalige serbische Unruheprovinz von immer mehr Staaten anerkannt. Die USA, die Türkei und Frankreich haben das bereits getan, viele weiterer Staaten, auch wichtige EU-Mitglieder und Österreich werden folgen. Während die Albaner im Kosovo diese Anerkennungen bis tief in die Nacht feierten, hat Serbien wie erwartet reagiert und seine Botschafter bereits aus den USA, der Türkei und Frankreich zur Berichterstattung zurückgerufen. Außerdem hat das Parlament in Belgrad die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo für nichtig erklärt. Außerdem verlangt Serbien, dass der UNO-Sicherheitsrat die Unabhängigkeit für nichtig erklärt. Doch am Balkan blieb es nicht nur bei diplomatischen Aktionen wie aus Prishtina unser Korrespondent Christian Wehrschütz berichtet:

Während die Kosovo-Albaner nach wie vor feiern und jede weitere Anerkennung ein großes Thema auch in den Medien ist, protestierten gestern in ganz Serbien hunderte vorwiegend jugendliche Demonstranten gegen die Unabhängigkeit. Dabei gingen wieder Fensterscheiben zu Bruch und MacDonalds war wieder eines der Ziele. Angegriffen haben die Demonstranten nicht nur die Polizei; es kam auch zu Schlägereien untereinander, denn viele dieser Jungendlichen gehören vor allem in Belgrad rivalisierenden Fußballklubs an. Zu einem Zwischenfall kam es auch im Norden des Kosovo. In der geteilten Stadt Kosovoska-Mitrovica explodierte im serbischen Teil wieder ein Sprengsatz. Fensterscheiben gingen zu Bruch, einige Autos wurden beschädigt. Diese Vorfälle im Kosovo könnten erst der Auftakt sein, befürchtet in Kosovoska Mitrovica der gemäßigte Serben-Politiker Oliver Ivanovic:

"Die kritische Phase wird in einem Monat kommen. Es wird wärmer und die Leute werden bereit sein, zu demonstrieren. Ich glaube, wir können große Spannungen erwarten, nicht nur in sondern auch außerhalb des Kosovo. Serbien ist der Schlüssel für alles, und alle Anzeichen sprechen dafür, dass es auch dort Spannungen geben wird. Zu erwarten sind vorgezogene Parlamentswahlen, ein neuerlicher Missbrauch des Kosovo-Themas, und ich fürchte, dass wir eine starke Polarisierung in Serbien haben werden, und das ist nicht gut für den gesamten Balkan."

Denn die Kosovo-Unabhängigkeit hat die Spannungen zwischen Befürwortern und Gegnern einer weiteren EU-Annäherung Serbiens in der Regierung in Belgrad nur überdeckt nicht aber gelöst. Im Kosovo wiederum wollen die Serben die EU-Mission EULEX boykottieren, die den Rechtsstaat weiter aufbauen soll. Mit einem langfristigen Boykott rechnet Oliver Ivanovic aber nicht:

"Ich glaubt nicht, dass es dazu kommen wird. Natürlich in unserer ersten Reaktion erleben wir EULEX als Mission, die auf illegale Weise kommt. Der einfache Serbe verbindet das mit der Unabhängigkeit, als Mission, die die Unabhängigkeit gebracht hat. Das ist zweifellos nicht gut, doch danach wird die Vernunft einkehren. Denn ich kann damit unzufrieden sein, wie die Mission gekommen ist, doch sie ist die einzige Möglichkeit für die Serben in den Enklaven, internationalen Schutz und Hilfe bei Fragen zu fordern, die für diese Serben lebenswichtig sind."

Diese Einschätzung trifft auf die Enklaven zu, gilt aber nicht für den kompakt serbisch besiedelten Norden. Darüber hinaus dürfte sich die Teilung des Kosovo nun weiter vertiefen, befürchtet Ivanovic:

„Das wird weniger eine geografische Teilung, sondern eine Teilung zwischen zwei Völkern sein. Darüber bin ich sehr besorgt, denn ich glaube, dass für uns die Kommunikation mit den Albanern nötig, unumgänglich und unvermeidlich ist. Doch auf diese Weise hat sich die Teilung sehr vertieft, und es wird immer weniger Serben geben, die es mit den Kosovo-Institutionen versuchen werden. Man wird sich mehr auf die serbischen Institutionen konzentrieren, das ist sehr schlecht, denn langfristig, werden wir die Rechnung dafür bezahlen."

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