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Ibrahim Rugova ist tot (Nachruf)

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Berichte Kosovo
Der langjährige Präsident des Kosovo, Ibrahim Rugova, ist tot. Rugova erlag heute den Folgen eines Krebsleidens. Rugova galt als Symbol des zunächst mit friedlichen Mitteln geführten Unabhängigkeitskampfes der Kosovo-Albaner gegen die serbische Vorherrschaft.

Hören Sie einen Nachruf, den unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz gestaltet hat:

Ibrahim Rugovas Markenzeichen war sein roter Seidenschal, den er oft auch bei offiziellen Anlässen trug. Geboren wurde Rugova im Dezember 1944 im Kosovo, wenige Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, dem sein Vater und Großvater zum Opfer fielen. Sie wurden im Jänner 1945 von kommunistischen Partisanen getötet. Trotzdem war Rugova zunächst Mitglied der kommunistischen Partei Jugoslawiens; ausgeschlossen wurde er 1986, weil er wie viele andere albanische Intellektuelle eine Änderung der serbischen Verfassung und mehr Rechte für den Kosovo verlangt hatte. Zu dem Zeitpunkt war Rugova bereits ein führender albanischer Schriftsteller, der sogar in Paris studiert hatte. 1989 beseitigte Slobodan Milosevic die Autonomie des Kosovo; als Reaktion auf die wachsende Unterdrückung der Albaner wurde die LDK, die Liga für ein demokratisches Kosovo gegründet. Der Name knüpfte bewusst an die 1878 gebildete Liga von Prizren an, die die erste nationale Bewegung der Albaner darstellt. Präsident der LDK wurde Ibrahim Rugova; die LDK verkündete schon 1990 die Unabhängigkeit; sie hat Serbien ebenso wenig anerkannt wie ein entsprechendes Referendum im Jahre 1991 oder die Präsidentenwahl ein Jahr später, die Rugova gewann. In den folgenden Jahren setzten die Albaner zunächst auf einen friedlichen Kampf für die Unabhängigkeit; er fand international kaum Beachtung; auch deshalb blieb die albanische Frage im Herbst 1995 offen, als mit dem Friedensvertrag von Dayton der Bosnien-Krieg endete. Das trug zur Radikalisierung im Kosovo bei, und Rugova geriet politisch zunehmend unter Druck. Während des NATO-Krieges im Jahre 1999 schien der Intellektuelle dauerhaft seinen Einfluss an die Freischärler der UCK zu verlieren. Doch dem war nicht so wie die Wahlen 2002 und 2004 unter UNO-Aufsicht zeigten, bei denen die LDK stärkste Kraft und Rugova vom Parlament zum Präsidenten gewählt wurde. Seine Kritiker warfen Ibrahim Rugova stets vor, zu kompromissbereit und zu wenig entschlusskräftig zu sein. Sein größtes Ziel, die Unabhängigkeit des Kosovo hat Rugova denn auch nicht mehr erlebt; sein Tod könnte sich negative auf die Stabilität des Kosovo auswirken, die Ibrahim Rugova stets zu stärken versucht hat. Denn in seiner Partei fehlt ein Nachfolger mit Rugovas Autorität. Gescheitert ist Rugova an der Aufgabe, die Beziehungen zwischen Serben und Albanern spürbar zu verbessern. Ihren Tiefpunkt nach dem NATO-Krieg erreichten sie im März 2004 als albanische Extremisten hunderte serbische Gebäude in Brand steckten und verwüsteten. Die Aussöhnung im Kosovo ist eine der Aufgaben, Rugovas Nachfolger zu bewältigen haben wird. Ibrahim Rugova selbst hinterlässt eine Frau und drei Kinder.

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