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Österreich unterstützt Rechts- und Strafrechtspflege im Kosovo

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Berichte Kosovo
Österreich unterstützt seit vier Jahren in der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo den Aufbau eines demokratischen Gerichtswesens und einer modernen Strafrechts-pflege. Im Kosovo arbeitet derzeit bereits die zweite Richterin aus Österreich und auch fünf Beamte der Justizwache sind in einem Gefängnis im Einsatz. Sie haben auch die Aufgabe lokale Beamte zu schulen, damit sie künftig auch ohne Hilfe aus dem Ausland tätig sein können. Im Bereich der Strafrechtspflege ist das bereits ab Juni geplant. Modernes Gerichtswesen und Strafrechtspflege sind Teil der Standards, die der albanische dominierte Kosovo erfüllen muss, damit im Sommer Gespräche über den endgültigen Status der Provinz beginnen können. Im Kosovo ist derzeit die Justizministerin Karin Miklautsch zu Besuch bei den österreichischen Justizbeamten. Mit ihnen hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz gesprochen und folgenden Bericht über die Justizreform in der Provinz gestaltet:

Zwei Millionen Einwohner zählt der Kosovo. Dazu gehören 1200 Häftlinge, die in sieben Haftanstalten einsitzen. Eine davon liegt im Norden in der zwischen Serben und Albanern geteilten Stadt Kosovska Mitrovica. Die 90 Häftlinge werden von 90 Justizwachebeamten geführt, darunter sind fünf Österreicher. Für die Sicherheit der Anstalt verantwortlich ist der Kärntner Berhard Karpf. Die Ausgangslage nach dem Ende des Kosovo-Krieges vor fünf Jahren beschreibt Karpf so:

„Hier waren weder Telefonanschlüsse, noch Computer noch Notstromaggregate, hier war nichts vorhanden, wenn hier der Strom ausgefallen ist, war das Gelände tot. Keine Transporte konnten durchgeführt werden, gar nichts. Jetzt haben wir Computer, Fahrzeuge, die ganze technische Ausrüstung ist von der UNMIK zu 99 Prozent.“

Die UNO-Verwaltung UNMIK hat bei der Führung von Gefängnissen auch die nationalen Spannungen zu berücksichtigen. Dazu und zu den weiteren Problemen des Strafvollzuges sagt Karpf:

„Das große Problem hier ist, dass wir in Österreich und Europa wahrscheinlich nicht haben, die Trennung nach ethnischen Gruppen. Albanischstämmige und serbisch-stämmige sind hier strikt zu trennen. Und die räumlichen Verhältnisse sind hier so beengt, das beschwört Probleme herauf. Das schürt das Potential der Aggressivität, wir können keine Häftlinge hier beschäftigen, wir können sie nicht ruhig stellen in dem Sinne, dass sie etwas zu tun haben. Die sind den ganzen Tag in der Zelle, wir können sie nur zum Spaziergang rauslassen, das machen wir aber fünf Stunden am Tag, das ist das beste Mittel, das wir haben.“

Reibungslos funktioniert dagegen die Zusammenarbeit zwischen den mehrheitlich serbischen Justizwachebeamten und ihren albanischen Kollegen. Denn die UNO ist bestrebt, durch den beruflichen Alltag die Aussöhnung zwischen beiden Völkern zu fördern. Gefördert wird auch die Ausbildung, die dem internationalen Personal obliegt. Sie erläutert Karpf so:

„Wir beginnen hier ganz normal als einfache Justizwachebeamte auf den Abteilungen. Wir haben aber unsere Erfahrungen und so können wir direkt vor Ort den heimischen Beamten zeigen, wie wir mit Gefängnisinsassen umgehen, wie wir im Bezug auf Sicherheit umgehen, so fangen wir an. Zum Schluss haben wir im Prinzip nur mehr das Monitoring über, zu überwachen, was machen sie richtig, was machen sie falsch und zu erklären, wie sollen sie es machen.“

Begleitende Ausbildung zählt auch zu den Aufgaben von Claudia Fenz. Sie hat 20 Jahre Berufspraxis als Strafrichterin und arbeitet in dieser Funktion seit sechs Monaten im Kosovo. Ihren Aufgabenbereich beschreibt Fenz so:

„Im wesentlichen werden internationale Richter eingesetzt bei Schwerkriminalität mit ethnischem Hintergrund, in Fällen der Organisierten Kriminalität, das ist etwas, das immer mehr an Bedeutung erlangt, in Fällen politischer Kriminalität im weiteren Sinne, da sind vor allem auch gemeint die Kriegsverbrechen aus dem Ende der 90iger Jahre. Man will verhindern, dass lokale Kollegen unter Druck kommen, und davon gibt es hier noch eine Menge. Man will Unabhängigkeit der Gerichte gewährleisten.“

24 internationale Richter und Staatsanwälte arbeiten im Kosovo. Hinzu kommen 380

lokale Richter, von denen nur 30 nationalen Minderheiten angehören. Gerichtssprache ist in großen Prozessen englisch, wobei ins Serbische und Albanische übersetzt wird.

Bei Kapitalverbrechen sind drei Richter in Einsatz, zwei davon sind Ausländer. Sie haben seit April 2004 ein neues Strafrecht und eine neues Prozessrecht anzuwenden. Es ist Teil jener demokratischen Standards, die der Kosovo erfüllen muss, ehe noch heuer über seinen völkerrechtlichen Status verhandelt werden soll. Zu diesem rechtlichen Standard sagt Claudia Fenz:

„Man muss unterscheiden, wie weit die geschriebenen Gesetze dem Standard entsprechen, hier würde ich sagen zu einem hohen Prozentsatz ja, die Praxis ist ein anderes Problem. Die Ausbildung der Polizeikräfte, die Ausbildung der Richter, man darf nicht vergessen, das lauft alles erst seit 1999, das ist sicher etwas, das noch verbesserungsfähig ist.“

Denn auch vielen Richtern und Polizisten fehlt langjährige Berufserfahrung, die ausländische Juristen mitbringen. Zu ihrer Bedeutung sagt Fenz:

„Hier wird im Moment die Rechtsentwicklung für diesen Raum gestaltet. Es schiene mir sinnvoll, wenn man hier mehr versuchen würde, auch von auch von österreichischer Seite, sondern auch europäischer Seite sich einzubringen. Das ist wesentlich auch für die Zukunft.“

So muss der Kosovo etwa ein modernes Wirtschaftsrecht entwickeln. Doch daran arbeiten weit mehr Amerikaner, weil es zu wenig europäische Bewerber für den Kosovo gibt, obwohl diese Provinz doch dereinst Teil der Europäischen Union und ihres Rechtssystems sein soll.

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