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Kosovo Regierungsbildung

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Im Kosovo ist das Parlament vor einer Stunde zusammengetreten, um einen Präsidenten und eine Regierung zu wählen. Es ist das erste Mal in der Geschichte der mehrheitlich von Albanern bewohnten serbischen Provinz, daß der Kosovo nun eine frei und demokratisch gewählte Führung erhält. Wie langwierig der Weg im Kosovo noch sein wird, zeigt der Umstand, daß die Parlamentswahl bereits am 17. November stattfand, die drei führenden Albaner-Parteien sich jedoch erst Ende Februar auf eine Machtaufteilung einigen konnten.

Aus Pristina berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Präsident der Provinz Kosovo wird der Schriftsteller und Vorsitzende der LDK Ibrahim Rugova. Seine Partei LDK verfügt über 47 der 120 Parlamentssitze und ist damit stärkste Kraft. Regierungschef wird Bajram Rexhepi, ein Mitglied der PDK, der Demokratischen Partei des ehemaligen Freischärler-Kommandaten Hashim Thaci. Rexhepi war bis 1991 als Arzt im Krankenhaus von Kosovska Mirtovica tätig. Nach dem Kosovo-Krieg war er Bürger-meister im albanischen Südtteil der Stadt und auch um Zusammenarbeit mit den Serben im Nordteil von Kosovoska Mirtovica bemüht. Daher betrachten auch die Serben Rexhepi als einen eher gemäßigten Politiker der PDK, die im Parlament zweitstärkste Kraft ist. Die Regierung selbst wird aus 10 Ministern bestehen. Vier stellt Rugovas Partei LDK, je zwei Minister stammen aus der PDK sowie aus der AAK. Die AAK ist die Partei des ehemaligen Freischärler-Kommandanten Ramush Haradinaj und drittstärkste Partei im Parlament. Ein Ministerposten fällt der serbischen Einheitsliste Povratak, zu deutsch Rückkehr zu und einen weiteren Minister stellen die nicht-serbischen Minderheiten des Kosovo.

Um zu diesem Kompromiß zu gelangen war beträchtlicher Druck des Westens notwendig. Trotzdem dauerten die Verhandlungen mehr als drei Monate, denn die drei führenden Albaner-Parteien fordern zwar gemeinsam die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien, sind ansonsten aber tief zerstritten. Unzufrieden mit der Machtaufteilung ist die serbische Liste Povratak. Sie erhielt den Landwirtschaftsminister, hätte jedoch lieber einen einflußreicheren Ministerposten bekommen. Povratak wird im Parlament nicht für Präsident und Regierungs-chef stimmen, an der Regierungsarbeit will sich die serbische Liste jedoch beteiligen.

Die Bildung einer Regierung des Kosovo ist die Voraussetzung für Demokratisierung und einen schrittweisen Übergang von der UNO-Verwaltung hin zur lokalen Selbstverwaltung der Provinz. Noch liegt die wahre Macht bei der UNO und bei Michael Steiner, dem UNO-Ver-walter der Provinz. Er spricht das letzte Wort beim Budget und kann auch das Parlament auflösen. Präsident, Regierung und Parlament des Kosovo sind auf drei Jahre bestellt. Ob bis zum Ende diese Mandates auch der endgültige Status des Kosovo geklärt sein wird ist offen. Die Albaner wollen die Unabhängigkeit, die Serben sind dagegen und der Westen will derzeit eine Entscheidung vermeiden. Damit die Albaner ihrem Ziel auch nur nahe kommen können, werden sie vor allem die Wirtschaft der Provinz in den Griff bekommen und die Schatten-wirtschaft bekämpfen müssen. So liegt die offizielle Arbeitslosenrate bei 50 Prozent; 80 Prozent der Konsumgüter werden importiert. Gleichzeitig sind jedoch im Kosovo zwei Milliarden DM in Euro umgewechselt worden. Das Geld stammt aus der Diaspora und der Schattenwirtschaft. So wird etwa geschätzt, daß die Hälfte von Benzin und Treibstoff in den Kosovo geschmuggelt wird. Der Preis für einen Liter Benzin liegt bei 0,75 Euro und ist somit einer der niedrigsten am Balkan.
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