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Lage im Kosovo

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Berichte Kosovo
Im Kosovo ist die Rückkehr der etwa 200.000 vertriebenen Serbien auch

mehr als zwei Jahre nach Kriegsende noch nicht in Gang gekommen. Im

Kosovo selbst leben die verbliebenen Serben entweder in Enklaven, in der

geteilten Stadt Kosovoska Mitrovica sowie im Norden der Provinz.

Angesichts der schwierigen Lage haben die Serben noch nicht entschieden, ob

sie an der Parlamentswahl im Kosovo am 17. November teilnehmen werden.

Um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen hat Albert Rohan, der

Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums, jüngst den Kosovo

besucht. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz hat Rohan auf dieser Reise begleitet und folgenden Bericht gestaltet:

Die geteilte Stadt Kosovska Mitrovica ist noch immer das Symbol für die unge-löste Krise des Kosovo. Im Süden leben die etwa 40.000 Albaner. Nur etwa 20 Serben sind in diesem Stadtteil geblieben; sie müssen ebenso von der Friedens-truppe KFOR geschützt werden wie die orthodoxe Kirche ebenfalls im Südteil liegt. Im Gegenzug schützt die KFOR mit Barrikaden die wenigen Albaner, die im serbischen Nordteil verblieben sind. Die Hauptbrücke, die beide Stadtteile verbindet, wird nur von wenigen, zumeist Ausländern, benutzt. Auch Albert Rohan, der Generalsekretär des Außenministeriums, benutzte sie, um im Nord-teil mit Oliver Ivanovic, einem Vertretern der Serben, zu sprechen. Über seine Eindrücke sagt Rohan:

Der Eindruck, den man hier erhält, sind deprimierend. Weil der Hass zwischen den beiden ethischen Gruppen nach wie vor offensichtlich ist. Es ist völlig inakzeptabel, dass die Serben und heute noch, trotz der Anwesenheit der Internationalen Gemeinschaft das Opfer von Gewalttätigkeit sind. Dass sie in Enklaven leben müssen, dass sie keine Bewegungsfreiheit genießen.

Bei seinen Gesprächen mit Ivanovic aber auch mit führenden Politikern Jugo-slawiens und Serbiens in Belgrad rief Rohan stets zur Teilnahme der Serben an der Parlamentswahl am 17. November im Kosovo auf. Warum diese Teilnahme so wichtig ist, erläutert der Generalsekretär des Außenministeriums so:

Weg zu bleiben ist nicht die Lösung, wenn sie eine Zukunft haben wollen, dann müssen sie dabei sein, dann müssen an den Institutionen teilnehmen.

Doch Oliver Iwanovic, der Vorsitzende der Serbischen Natinalversammlung im Kosovo, hat massive Vorbehalte gegen eine Wahlbeteiligung:

„Ich denke, daß die Gefahr eines grundlosen Boykotts gleich groß ist wie die Gefahr einer Teilnahme an der Wahl ohne entsprechende Voraussetzungen, wie etwa der Garantie der Sicherheit und Bewegungsfreiheit oder der Flüchtlings-rückkehr, denn die UNO-Resolution 1244 muß umgesetzt werden.“

Doch die in der UNO-Resolution 1244 wird auch bis zur Wahl nicht erfüllt werden. Die Entscheidung über das Antreten der Serben wird jedenfalls in Belgrad fallen, das bis zuletzt pokert, um möglichst viele Zusagen von der internationalen Gemeinschaft zu erhalten. An der Registrierung der Wähler haben sich knapp 170.000 Serben beteiligt. Mehr als 100.000 davon sind Vertriebene, die vor allem in Serbien aber auch Montenegro leben.

Das von der UNO erlassene Verfassungsprovisorium sieht vor, daß am 17. November im Kosovo ein Parlament mit 120 Sitzen gewählt wird. Jeweils 10 Sitze sind für Serben und andere Minderheiten automatisch reserviert. Treten die Serben an, so können sie insgesamt etwa 25 Mandaten erreichen, der Rest entfällt voraussichtlich auf die drei großen Albaner-Parteien, die LKD von Ibrahim Rugova, die PDK von Hacim Thaci und die AAK von Ramus Haradinaj. Thaci und Haradinaj sind bekannte ehemalige Führer der UCK.

Von Politikern all dieser drei Parteien verlangte Albert Rohan in Pristina, mehr für die Rückkehr der Serben zu tun und deren Bewegungsfreiheit zu garantieren.

Trotz wiederholter Zusagen ist jedoch zweifelhaft, daß sich auch nach der Wahl am 17. November an der tristen Lage der Serben Westliches ändern wird.

Im Wahlkampf selbst, betonen alle Albaner-Parteien, daß diese Wahl ein Schritt zur Unabhängigkeit des Kosovo sein werde. Befürchtungen des Westens sowie der Nachbarstaaten vor einem Großalbanien oder Großkosovo weist etwa Hacim Thaci, der mehr als zwei Jahre in der Schweiz gelebt hat, mit folgendem Ver- gleich zurück:

„Es sind nicht nur die Albaner, die in drei Staaten leben; solche Verhältnisse haben wir auch in der Schweiz, Österreich und Deutschland und niemand will eine Vereinigung. Es ist daher sehr wichtig, daß wir daran arbeiten, die gesamte Region u demokratisieren, damit sich die Menschen frei fühlen und zwar überall wo sie leben.“

Als ebenso grundlos bezeichnet Thaci Vorwürfe, die UCK sei im Krieg von Osama Bin Laden und anderen islamischen Fundamentalisten unterstützt worden:

„Das war die Propaganda Belgrads vor dem Krieg, während des Krieges und nach dem Krieg und die Propaganda Belgrads habe ich nicht zu kommentieren. Wir waren und sind eng verbunden mit der mit der Zivilisation der Welt und so unterstützen wir die internationale Gemeinschaft und insbesondere die USA im Kampf gegen den Terrorismus, gleichgültig wo er besteht.“

Zur Bedeutung des Islam für die Albaner und zur Rolle der Religion beim Zerfall Jugoslwiens sagt Thaci:

„Weder in der Geschichte noch in der Gegenwart hat die Religion bei den Albanern eine Rolle gespielt. Auf dem Balkan ist nicht die Religion das Problem, sondern Belgrad und seine Regierungen waren das Problem.“
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