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Leben zwischen Krise und Normalisierung

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Berichte Kosovo


Am Sonntag feiert der Kosovo seinen fünften Geburtstag. Der jüngste Staat Europas ist eng mit Österreich verbunden. Viele Kosovo-Albaner haben Verwandte in Österreich, und es gibt wohl kein anderes Land der Welt, wo in einer Regierung zwei Minister sitzen, die in Wien studiert haben und auch fließend Deutsch sprechen. Hinzu kommt, dass noch immer mehr als 400 österreichische Soldaten der Friedenstruppe KFOR im Kosovo stationiert sind, denn noch hat sich das Verhältnis zwischen Serbien, den Serben im Kosovo und den Kosovo-Albanern nicht normalisiert, obwohl es positive Anzeichen gibt. Schwierig ist jedoch noch immer die Wirtschaftslage, und ein effizientes Staatswesen ist fünf Jahre nach der Unabhängigkeit natürlich noch nicht vorhanden, obwohl auch die Infrastruktur besser wird.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Pristina

Insert1: Artan Bakija, Sänger und Musikproduzent in Pristian

Insert2: Delfina Bakija Zahnärztin

Insert3: Delfina Bakija Zahnärztin

Gesamtlänge: 2’45

Der Kosovo war nie ein Staat, und Pristina daher nur Provinz. Doch das Bemühen ist deutlich sichtbar, die Stadt zu verschönern und Pristina etwas hauptstädtisches Flair zu verleihen. In einem Außenbezirk leben Artan Bakija, seine Gattin Delfina und Tochter Emi in einer ansehnlichen Einhundert-Quadratmeter-Wohnung. Artan ist ein bekannter Sänger. Im Zentrum hat er ein kleines Tonstudio. Der 37-jährige spielt die Laute, tritt bei Albanern am ganzen Balkan auf und arrangiert auch Lieder für andere Sänger:

"Im Kosovo wird wegen der Krise bei Hochzeiten viel weniger Live-Musik nachgefragt, sondern man nimmt Discjockeys. Die Menschen haben stark von der Hilfe der Diaspora gelebt; doch heute leben auch die Menschen im Westen in einer Krise und können nicht mehr so viel Geld schicken. Daher ist der Verdienst viel geringer."

Hoch sind dafür die Lebenshaltungskosten. Ein Kilo Äpfel kostet mehr als einen Euro; in Österreich sind dagegen um einen Euro sogar zwei Kilo zu bekommen. Der Werbeslogan „Kauf und spar“ ist kaum zu verwirklichen. Zum Glück für die Familie Bakija, hat auch Ehefrau Delfina Arbeit. Sie ist Zahnärztin in einer Ambulanz. Ihr Monatsgehalt beträgt etwa 400 Euro, doch allein die Stromrechnung zu Hause betrug im Vormonat 200 Euro.

„Nach fünf Jahren Unabhängigkeit ist es nicht so, wie wir erwarten haben; es gibt viele Probleme, es gibt keine Krankenversicherung, die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch, es bleibt noch sehr viel zu tun.“

Doch Vieles wurde besser; erste Autobahnen wurden gebaut, die Stromversorgung ist sicherer; sicherer lebt auch die serbische Minderheit. In ihre Gemeinden wird investiert, und die Bewegungsfreiheit der Serben ist viel größer. Symbol dafür ist das Camp Casablanca. Hier waren viele Jahre österreichische Soldaten der Friedenstruppe KFOR stationiert. Nun ist das Camp verlassen, und die Österreicher sind vor allem im serbisch dominierten Norden präsent. Dessen Integration in den Staat Kosovo ist die große politische Herausforderung. Doch ist auch eine Aussöhnung möglich:

„Das ist sehr gut möglich. Ich habe zum Beispiel viele Freunde, die Serben oder Mazedonier sind; es existiert kein Hass zwischen Völkern, dass kommt nur von der Politik.“

Unter dem Dach der EU verhandeln derzeit Serbien und der Kosovo über eine Normalisierung der Beziehungen. Sie könnte bis Juni gelingen; dann könnten auch für die Familie Bakija ruhigere aber noch nicht einfachere Zeiten anbrechen. Obwohl es im Kosovo bereits ausländische Investoren gibt, ist der Weg zum allgemeinen Wohlstand noch sehr weit.

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