Die Lage der Migration auf der Balkan-Route
Nach dem bisherigen Höhepunkt der Migrationskrise im Jahre 2015 dann vor mehr als zwei Jahren die Schließung der Balkan-Route verkündet. Formell geschlossen mag die Route sein, dicht ist sie auf keinen Fall, doch nun wurde Bosnien und Herzegowina zum neuen Brennpunkt auf dem Balkan. Seit Beginn des Vorjahres kamen etwa 52.000 Migranten ins Land, derzeit sind etwa 7.000 dort, doch für etwa 2.500 Männer fehlen winterfeste Unterkünfte. Das Balkan-Land hatte ein Jahr keine Regierung, nach dem Floriani-Prinzip sträuben sich viele Landesteile vor einer Verteilung der Migranten, die sich nun vor allem im Raum der Stadt Bihac im Grenzgebiet zu Kroatien konzentrieren. Dort gibt es durchaus gute Aufnahmelager, doch auch das Lager Vucjak, in dem die Lebensbedingungen für die Migranten einfach menschenunwürdig sind. Ein Lokalaugenschein von Christian Wehrschütz:
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Bosnien und Herzegowina
Insert1: Selam Midzic, Rotes Kreuz der Stadt Bihac
Insert2: Elmedin Mehadzic, Pressesprecher der Stadt Bihac
Insert3: Peter van der Auweraert, Internationale Organisation für Migration in Sarajewo
Gesamtlänge: 2‘50
Das Lager Vucjak liegt einige Kilometer außerhalb der Stadt Bihac. Ihr Dasein fristen hier etwa 650 Männer, vor allem aus Pakistan, Afghanistan, Nordafrika und Syrien. Dass nicht die einfachsten Maßnahmen ergriffen werden, um die Lebensumstände zu verbessern, liegt wohl auch daran, dass das Lager als Brennpunkt dienen soll, um auf die Migrationskrise in Bosnien aufmerksam zu machen. Die Versorgung obliegt dem Roten Kreuz; zwei Mahlzeiten gibt es pro Tag, einmal pro Woche werden Kleidung und Hygieneartikel verteilt; Ärzte gibt es in der Ambulanz des Ortes:
2'56 - Entsorgung - 3'44
"Vor etwa 20 Tagen wurde die Müllentsorgung eingestellt mit dem Ziel, dieses Lager zu verlegen; damals kamen zu den 700 noch etwa 1000 Migranten hierher. Damals war es bereits unmöglich, dieses Lager zu unterhalten."
Nach Bihac kommen pro Tag bis zu 150 Migranten. Die Stadt fühlt sich vom bosnischen Staat im Stich gelassen; ein Ersatz für Vucjak wurde bereits vor Monaten angeboten, doch zum Aufbau eines neuen Lagers kam es nicht:
14'37 - Lipa und IG - 15'05
"Internationale Organisationen haben die Örtlichkeit Lipa begutachtet; ihre Einwände betrafen die Infrastruktur; es gibt keine Post in der Nähe, kein Geschäft und andere Dinge, die ich nicht für derart vordringlich halte. All diese Probleme hätte man schrittweise lösen können; und alles wäre besser gewesen als in Vucjak."
Doch im Raum Bihac gibt es auch gute Lager, wie etwa Bira, in dem 1.800 Personen untergebracht sind; Pakistani dominieren, doch auch viele Bewohner aus Bangladesch sind hier. Familien sind an einem anderen Ort untergebracht. 70 Prozent der Migranten in Bosnien sind Männer, 10 Prozent unbegleitete Minderjährige, ebenfalls vor allem Männer.
32'25 - 10.000 Euro - 33'10 /
"Die stärkste Person der Familie bricht auf; ein junger Mann aus Bangladesch sagte mir, er habe 10.000 Euro ausgegeben, um nach Bosnien zu kommen. Seine Familie hat Grundstücke verkauft, und einen Kredit aufgenommen. Die Idee dahinter ist, dass der junge Mann das Geld nutzt, um nach Europa zu kommen, und dann das Geld zurückzahlt aber auch selbst Geld verdient. Dieser junge Mann wurde aber bereits mehrmals an der kroatischen Grenze zurückgewiesen. Er will nach Italien, um dort etwa 600 Euro im Monat zu verdienen."
Und warum gibt es nicht genügend Unterkünfte? (Facebook)
18'20 - Verwendung Geld und Probleme - 18'54
"Das Thema ist nicht das Geld, sondern wir konnten das Geld nicht so rasch verwenden, wie wir wollten, weil wir keine neuen Örtlichkeiten haben. Wir könnten bereits mehr Menschen versorgen, wenn wir mehr Unterbringungsmöglichkeiten hätten."
Hilfe in den guten Lagern leisten vor allem internationale Organisationen; das gilt auch für Miral in der Stadt Velika Kladusa, im unmittelbaren Grenzgebiet zu Kroatien. 52.000 Migranten kamen seit 2018 ins Land, 7000 sind es derzeit; für 2500 Männer fehlen winterfeste Unterkünfte, ein Problem, dass bei gutem politischem Willen lösbar wäre, denn am Geld dafür mangelnd es nicht.