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Balkan-Gipfel in Sarajewo

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Kleine Zeitung
Berichte Bosnien
In der bosnischen Hauptstadt Sarajewo hat gestern ein Gipfeltreffen zwischen der EU und den Staaten des sogenannten Westbalkan stattgefunden. Vom spanischen EU-Vorsitz organisiert sollte die Konferenz die europäische Perspektive der Staaten des ehemaligen Jugoslawien und Albaniens bekräftigen, sofern diese Länder alle Beitrittskriterien erfüllen. Teilgenommen haben die EU-Außenministerin Catherine Ashton, EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle und Delegationen aus allen Staaten der EU, der USA und des ehemaligen Jugoslawien. Österreich war durch Außenminister Michael Spindelegger vertreten.

Zum ersten Mal seit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien im Februar 2008 saßen in Sarajewo auch die Außenminister beider Staaten an einem Tisch. Dieser Umstand ist das Positivste, das sich aus Sarajewo berichten lässt; doch selbst dieser erste Schritt war eine schwere Geburt. Bei der Tagung wurde auf alle staatlichen Symbole verzichtet, und vor den Teilnehmern standen nur Namensschilder. Diese Form könnte auch für künftige Treffen dienen, damit die bilaterale Zusammenarbeit zwischen dem Kosovo und Serbien etwa im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität endlich in Gang kommt. So schnell wird es aber dazu nicht kommen, wenn die Atmosphäre in Sarajewo nicht trügt. Denn ein gemeinsames Bild des serbischen Außenministers Vuk Jeremic und des kosovarischen Außenministers Skender Hyseini gibt es trotz ihrer Teilnahme nicht. Ob wegen der chaotischen Organisation oder aus Absicht – die Drehmöglichkeiten im Tagungssaal waren derart beschränkt, dass nicht ein Mal die Namensschilder der beiden Minister gefilmt werden konnten.

Wenig ermutigend für den Westbalkan ist auch die zeitliche EU-Perspektive, die de facto hinter dem Treffen in Sarajewo steht, zumal die Erweiterungsmüdigkeit in vielen EU-Staaten weit verbreitet ist, und etwa Deutschland und Frankreich bei der Konferenz nicht durch ihre Außenminister vertreten waren. Selbst ein Erweiterungsbefürworter wie Außenminister Michael Spindelegger rechnen nicht mit weiteren Beitritten vor dem Jahre 2020. Im Jahr 2000, beim Gipfeltreffen in Agram, bekräftigte die EU zum ersten Mal die europäische Perspektive des Balkan. Seitdem hat nur Slowenien als einziges Land den Beitritt erreicht, und mit Kroatien sind die Verhandlungen in der entscheidenden Phase. Allen anderen Staaten steht jedenfalls noch ein steiniger und langwieriger Weg Richtung Brüssel bevor, das derzeit weit größere Probleme hat und vorwiegend mit Krisen in der EU selbst beschäftigt ist. Trotzdem sollte nicht vergessen werden, dass die Integration des Balkan die letzte große Herausforderung auf dem Weg zu einem vereinten Europa ist.

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