× Logo Mobil

Karadjic als Kinderbuchautor

Zeitung
Berichte Bosnien
In Bosnien versucht die Friedenstruppe SFOR nach wie vor vergeblich, den mutmaßlichen Kriegsverbrechen und ehemaligen Serbenführer Radavon Karadjic zu fangen. Gesucht wurde jüngst nach Hinweisen in Karadjics Haus in Pale, in der serbischen Teilrepublik Bosniens. Der Erfolg der Aktion dürfte begrenzt sein, obwohl die SFOR behauptete, sie habe gefälschte Dokumente und falsche Pässe sowie eine kleinere Menge an Waffen sichergestellt. So veröf-fentlichte heute in Belgrad das „Internationale Komitee für die Wahrheit über Radovan Karadjic eine Liste der beschlagnahmten Gegenstände. Demnach fielen der SFOR vor allem ein Jagdgewehr und zwei Pistolen ohne Munition, alte Ausweise, Familienfotos, Videobän-der mit Familienszenen, mehrere Orden, eine Flasche Wein aus einem orthodoxen Kloster in Griechenland und mehrere Flaschen Whisky in die Hände.

Während die SFOR Karadjic somit noch immer nicht gefunden hat, hat sein Komitee in Bel-grad nicht nur die Friedenstruppe mit Spott übergossen, sondern heute auch ein Kinderbuch vorgestellt, das der mutmaßlich Kriegsverbrecher geschrieben hat. „Es gibt Wunder – es gibt keine Wunder“, so lautet der Titel des reichlich illustrierten Buches aus der Feder von Karadjic. Es enthält 12 in Versen geschriebene Geschichten, die sich an Kleinkinder richten. Thematisiert werden Urgroßeltern, ein alter Kapitän und verschiedene Tiergestalten Geschrie-ben wurden die Verse bereits vor fast 20 Jahren. Ziel des Herausgebers Miroslav Toholj ist es, das positive Image von Karadjic in Serbien und in Bosnien zu stärken, das unter den Serben noch immer besteht. Sie sehen in Karadjic keinen Kriegsverbrecher, sondern einen Helden. Der Herausgeber weiß um die Bedeutung der Imagekampagne, war Miroslav Toholj doch Informationsminister unter Karadjic. Erst vor kurzem hat Toholj ebenfalls in Belgrad auch ein satirisches Theaterstück herausgebracht, das Karadjic bereits auf der Flucht geschrieben hat. Sein Titel lautet „Sitovacija“; das kann etwas frei mit „Weltlage“ aber auch mit „Zores“ über-setzt werden, die etwa ein aufsässiger Autofahrer der Polizei bereitet. In dem Werk macht sich Karadjic vor allem über die Einfältigkeit der internationalen Gemeinschaft in Bosnien lustig, wobei der mutmaßliche Kriegsverbrecher zweifellos weiß, wovon er spricht.

Im Herbst sollen weitere zwei Werke aus Karadjics Feder erscheinen, darunter ein weiteres Kinderbuch. Das heute veröffentlichte Kinderbuch mit dem Titel „ Es gibt Wunder – Es gibt keine Wunder“ kann natürlich auch auf die Bemühungen der SFOR gemünzt werden. Denn nach all den Fehlschlägen und trotz einer Belohnung von fünf Millionen Dollar kann sie in Bosnien nur hoffen, daß es auch für sie Wunder gibt, sind doch alle anderen Versuche bisher gescheitert Karadjic festzunehmen.
Facebook Facebook