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Bosnien und Herzegowina vor der Wahl

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Berichte Bosnien
In Bosnien und Herzegowina finden morgen allgemeine Wahlen statt. Das Land ist mit vier Millionen Einwohnern zwar nur halb so groß wie Österreich, wegen der Machtbalance zwischen Bosniaken, Serben und Kroaten aber viel komplizierte aufgebaut. Gewählt werden morgen daher: die drei Mitglieder des Staatspräsidiums, das gesamtstaatliche Parlament, die Parlamente der zwei Teilstaaten, der bosniakisch-kroatische Föderation und der Republika Srpska), der Präsident des serbischen Teilstaates, seine beiden Vizepräsidenten sowie im bosnisch-kroatischen Landesteil auch noch die zehn Parlamente der Kantone. Den Wahlkampf verfolgt hat wie schon so oft unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz, der auch den folgenden Beitrag gestaltet hat:

Mehr als 770 Listen mit mehr als 8.200 Kandidaten kämpfen in Bosnien und Herzegowina um die 3,1 Millionen Wähler, doch wirklich relevant sind nur 10 Parteien. Grundsätzlich stimmen Bosniaken, Serben und Kroaten nur für Parteien und Kandidaten ihrer Volksgruppe; daher finden morgen de facto drei getrennte Wahlen statt. Gespalten sind die Bewerber im Grunde entlang der Frage, ob der Staat eher zentralistisch oder dezentral geführt werden soll. So ist der starke Mann der Republika Srpska, Ministerpräsident Milorad Dodik, gegen jede Stärkung des Gesamtstaates. Dodik kandidiert nun für das Amt des Präsidenten des serbischen Teilstaates, und seine Wahl gilt als sicher. Sein Widerpart bei den Bosniaken ist Harris Silajdzic. Er will als Mitglied des Staatspräsidiums wiedergewählt werden, das das höchste Organ des Landes ist. Silajdzic ist für einen starken Zentralstaates und sein Dauerkonflikt mit Dodik lähmte das Land die vergangenen vier Jahre. Diese Paralyse überwinden will der Großunternehmer Fahrudin Radoncic, der mit seiner „Partei für eine besser Zukunft“ zum ersten Mal antritt:

„15 Jahre waren wir Zeuge schwerwiegender politischer Spannungen und Konflikte. Das Konzept meiner Partei zielt auf einen positiven Wettbewerb ab zwischen der Föderation und der Republika Srpska. Auf diese Weise sollen wir zu einer positiven Entwicklung Bosniens kommen.“

Nach Umfragen wird Radoncic mit seiner Mitte-Rechtspartei den Einzug ins Parlament sicher schaffen und könnte ein wichtiger Faktor bei der Regierungsbildung werden. Der 1957 in Montenegro geborene Bosniake will vor allem die wirtschaftliche Entwicklung des Landes in den Mittelpunkt stellen. Fahrudin Radoncic:

„Kroatien hat in 15 Jahren des Friedens 1.200 Kilometer Autobahnen gebaut; Albanien, das das Symbol für die Armut in Europa war, baute in vier Jahren 360 Kilometer. Bosnien und Herzegowina brachte es in 15 Friedensjahren nur auf etwa 40 Kilometer. Es gibt keinen besseren Beweis dafür, wie sehr sich das Land nicht entwickelt. Hinzu kommen 500.000 Arbeitslose und ebenso viele ohne Sozialversicherungen.“

Das Hauptproblem des Landes beschreibt Radonci aus seiner Sicht so:

„Das Problem bei den Bosniaken ist vor allem die Korruption. Das Land beherrschen Monopole, Korruption und die Mafia. Solang das nicht bereinigt wird, kann sich das Land wirtschaftlich nicht entwickeln. Das ist ein größeres Problem als die Änderung der Verfassung.“

Und wie ist er selbst zu seinem Reichtum gekommen, zu dem neben der Tageszeitung Dnevni Avaz auch ein Fünf-Sterne-Hotel in Sarajewo zählt? Dazu sagt Radoncic:

„Vor dem Krieg war ich einer der bekanntesten Journalisten. 1990 schrieb ich ein Buch über den Kosovo als Republik das mit 150.000 verkauften Exemplaren ein Bestseller war. In den15 Jahren seit Kriegsende hat unsere Tageszeitung mehr als 5.500 Ausgaben gehabt, wobei die Tagesauflage im Durchschnitt 50.000 Stück beträgt. Multiplizieren sie das mit 50 Cent, dann sind in die Firma 125 Millionen Euro durch den Verkauf eines Produkts hereingekommen. Doch wir haben weitere 30 Medien-Produkte. Hinzu kommen noch 125 Millionen an Werbeeinnahmen.“

Der persönliche Erfolg des Unternehmers könnte durchaus manche Wähler beeindrucken. Politiker gelten in Bosnien und Herzegowina generell als korrupt, und Korruption habe Farhudin Radoncic nicht mehr nötig, denn er sei schon reich, hört man des Öfteren in Sarajewo.

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