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Republika Srpska und Bosnien und die Unabhängigkeit des Kosovo

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Berichte Bosnien


Die Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo und ihre Anerkennung durch immer mehr Staaten auch in der EU hat auch regionale Auswirkung. Auf dem Balkan betrifft das vor allem den Staat Bosnien-Herzegowina. Er war der blutigste Kriegsschauplatz im ehemaligen Jugoslawien, trotzdem wurden mit dem Friedensvertrag von Dayton im Jahre 1995 Bosnjaken, Kroaten und Serben in einen Staat zusammengezwungen. Er besteht aus der zentralistisch geführten Republika Srpska und der Bosnjakisch-Kroatischen Föderation, die aus 10 Kantonen besteht. Seit Beginn leidet der Gesamtsstaat an bürokratischer Ineffizienz und mangelndem inneren Zusammenhalt. Das zeigte sich am Dienstag etwa an Demonstrationen der Serben gegen die Unabhängigkeit des Kosovo. In Banja Luka kam es zu Ausschreitungen, angegriffen wurde auch das Konsulat der USA. In Banja Luka regiert seit zwei Jahren mit absoluter Mehrheit Milorad Dodik, der Regierungschef der Republika Srpska. Mit ihm hat unserer Korrespondent Christian Wehrschütz gesprochen und folgenden Beitrag über die Zukunft Bosnien-Herzegowinas gestaltet:

Die RS, die Republika Srpska, zählte lange zu den unterentwickeltsten Teilen Bosnien-Herzegowinas. Dieser Zustand hat sich geändert, jedenfalls was die Regionalhauptstadt Banja Luka betrifft. Mehr als 600 Millionen Euro flossen im Vorjahr in die Kassen der RS als der regionale Mobilfunkanbieter privatisiert wurde. Ein nicht unbeträchtlicher Teil dieses Geldes floss in Banja Luka in das neue pompöse Regierungsgebäude, in dem der großgewachsene Sozialdemokrat Milorad Dodik residiert. Die Folgen der Unabhängigkeit des Kosovo bewertet er so:

„ Beim Kosovo heißt es dort leben unterschiedliche Völker. Sie mögen einander nicht, führen Krieg, vergewaltigen die Frauen des jeweils anderen Volks, können nicht mit einander leben und hassen einander. Daher sollen sie sich trennen, und daher soll der Kosovo unabhängig werden. Und für praktisch den gleichen historischen und gesellschaftlichen Kontext sagt die internationale Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, ihr habt zu schweigen und zusammen zu sein."

Das will die überwiegende Mehrheit der bosnischen Serben jedenfalls nicht, denen EU und USA jedoch das Recht auf Abspaltung verwehren. Doch Dodik ist Pragmatiker, Populist aber auch Realist und daher auch zurückhaltend, was ein mögliches Unabhängigkeitsreferendum betrifft:

"Wir fordern zunächst, dass die Bosnjaken und ihre Vertreter im Parlament die Republika Srpska akzeptieren. Einen derartigen Akt gibt es bisher von den Bosnjaken nicht, während man von uns ständig verlangt, dass wir Bosnien und Herzegowina akzeptieren. Wir sagen dazu Ok, doch im Gegenzug verlangen wir von den anderen, dass sie auch OK zur Republika Srpska sagen. Wenn es dieses OK nicht gibt, dann ist es eine Frage der Zeit und der politischen Bedingungen, dass unser Beschluss über unseren politischen Status ein ander sein kann. Denn trotz aller Redereien, dass Dayton das nicht vorsieht, verbietet Dayton derartige Aktivitäten auch nicht. Doch natürlich sind wir keine Abenteurer, und handeln nicht unlogisch, doch wenn der Augenblick gekommen ist und die Logik dafür spricht, werden wir entsprechende Beschlüsse fassen."

Die Republika Srpska sei nicht mehr bereit, eine aufgezwungene Abgabe von Kompetenzen hinzunehmen, betont Dodik. Das gelte auch für die Polizeireform; sie ist eine Bedingung der EU für die Unterzeichnung des Abkommens über Stabilisierung und Assoziation im April. Die RS habe einem Kompromiss bei der Polizeireform zugestimmt, der jedoch von den Bosnjaken wieder in Frage gestellt worden sei, betont Dodik. Doch selbst wenn es doch noch zu einer Einigung kommt, wird es Bosnien schwer haben, irgendwann Beitrittsverhandlungen mit der EU zu beginnen, denn der Gesamtstaat hat noch nicht ein Mal ein einheitliches Landwirtschaftsministerium. Dazu sagt Dodik:

"Der landwirtschaftliche Teil des Staates liegt in der Republika Srpska; daher schlagen wir vor, dass unserer Landwirtschaftsministerium in die Lage versetzt wird, für ganz Bosnien-Herzegowina die Verhandlungen mit der EU zu führen. Das ist nichts Ungewöhnliches und kommt in anderen Ländern vor. Die EU braucht eine Adresse und diese Adresse kann auch unser Landwirtschaftsministerium für den Gesamtstaat sein. Natürlich weiß ich, dass Sarajevo dem nicht zustimmen wird; doch dann werden wir eben sehen. Für uns ist die EU heute ein heiliges Ziel, doch darüber steht noch immer die Existenz der Republika Srpska."

Diese Existenz wird von der Bosnjaken immer wieder mit der Behauptung in Frage gestellt, die RS sei das Ergebnis eines Völkermordes. Sein Symbol ist der ehemalige Serben-Führer Radovan Karadjic, der für das Massaker in Srebrenica verantwortlich gemacht wird. Karadjic ist noch immer nicht gefasst. Dodik behauptet, dass der serbische Teilstaat gar nicht mehr die Mittel habe, Karadjic aufzuspüren; seine Haltung zu den Kriegsverbrechen formuliert er so:

"Die Republika Srpska hat eine klare Position: alle Personen, die der Kriegsverbrechen angeklagt sind, müssen so rasch wie möglich der Justiz zugeführt werden. um dieses Thema abzuschließen. Belastend wirkt jedoch, dass ein beträchtlicher Teil der bosnjakischen Politiker das gesamte serbische Volk für den Krieg verantwortlich macht. Nach offiziellen Daten sind im Krieg 97.600 Personen umgekommen, darunter sind etwa 30.000 Serben. Auch diese Serben hat jemand umgebracht, denn sie haben nicht Selbstmord verübt. Auch dafür muss es eine Verantwortung geben, und nicht nur für die Opfer der anderen Seite. Wir lehnen daher jede Form der Kollektivschuld ab."

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