Reaktionen in Bosnien und Serbien auf IGH-Urteil
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Berichte Bosnien
Zufriedenheit in Serbien Enttäuschung bei den Bosnjaken, so reagierten beide Streitparteien grundsätzlich auf das IGH-Urteil. Den Freispruch bewerte der Vertreter Serbiens vor dem IGH, Radoslav Stojanovic, auch als juristischen Erfolg:
„Ich empfinde eine fachliche Zufriedenheit, weil der IGH unserer Ausgangshypothese gefolgt ist, wonach niemand und nichts beweisen kann, dass Serbien und das serbische Volk die Absicht hatten, das bosnjakische Volk zu vernichten. Wenn ein Einzelner diese Absicht hatte, fordern wir, dass diese Person von einem internationalen oder einem heimischen Gericht abgeurteilt wird.“
Zufrieden äußerte sich auch Ministerpräsident Vojislav Kostunica, der neuerlich versprach, voll mit dem Haager Tribunal zusammen zu arbeiten. Doch Kostunica hat Ratko Mladic noch nicht ausgeliefert, der für Srebrenica verantwortlich sein soll. Daher hat der IGH Serbien auch verurteilt, nichts getan zu haben, um diesen Völkermord zu verhindern oder um die Täter zu verhaften. Dies bewertete Präsident Boris Tadic als schwierigsten Teil des Urteils für Serbien:
„Sehr wichtig ist, dass das Parlament in kürzester Zeit eine Deklaration verabschiedet, mit der es unzweifelhaft das Verbrechen von Srebrenica verurteilt. Das bedeutet auch die Erfüllung eines Teils der Urteils des IGH in Den Haag.“
Tadic betonte dass Serbien seine Verpflichtung gegenüber dem Haager Tribunal rasch erfülle müsse. Dessen Existenz erklärten dagegen die Milosevic-Sozialisten durch den Freispruch des IGH für obsolet. Weit pessimistischer war der Chef der Ultranationalisten, Tomislav Nikolic:
„Es bleibt das Urteil, dass Serben Kriegsverbrechen und Völkermord begangen haben. Hier trenne ich nicht zwischen Serbien und der bosnischen Serben-Republik. Sie ist nun in einer äußerst schwierigen Lage und ihr schlimmes Schicksal könnte sich sogar rascher erfüllen als das des Kosovo. Sie könnte zum Geschöpf des Völkermordes erklärt werden, und es ist klar, was daraus folgen kann.“
So mancher Politiker der Bosnjaken nutze dieses Argument, um nach dem IGH-Urteil die Beseitigung der Serben-Republik zu fordern. Gemäßigt äußerte sich dagegen das ehemalige Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums, Sulejman Tihic,
„Wenn man die Schwierigkeiten berücksichtigt, die mit einem Beweis für diese Straftat verbunden sind, so können wir teilweise zufrieden sein. Das Urteil trägt sicher zu Wahrheit und Gerechtigkeit bei, und nun müssen wir etwas mehr in die Zukunft schauen.“
Zu dieser Zukunft zählt etwa die Reform der Polizei. Sie ist seit Jahren umstritten und eine Voraussetzung für die weitere Annäherung Bosniens an die EU.