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Filmfestival in Sarajevo

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Berichte Bosnien
In Sarajevo sind Zentrale und Pressezentrum des Filmfestivals im Haus der Armee untergebracht. An der Fassade des Gebäudes sind die Einschusslöcher aus der Zeit des Krieges noch immer nicht verputzt, ein sichtbarer Hinweis dafür, dass gerade der Krieg 1995 das Filmfestival hervorgebracht hat. Unübersehbar ist 11 Jahre später aber auch der Versuch, an große Vorbilder anzuknüpfen. Auf einem roten Teppich schreiten die Festgäste unter Blitzlichtgewitter zur Filmpremiere ins Nationaltheater; trotzdem bleibt die Zuschauerkulisse eher schütter denn internationale Stars sind rar. Doch dafür wächst die regionale Bedeutung des Festivals. So kämpfen in der Kategorie Spielfilm acht Streifen um das „Herz von Sarajevo“. Drunter sind je ein Film aus Ungarn, Rumänien, Serbien, Kroatien und Bosnien; hinzu kommen drei Filme unter bosnischer Federführung; die jedoch das Produkt umfangreicher Koproduktionen mit Kroatien, Serbien, sowie Deutschland und der Schweiz sind. Die wachsende Zusammenarbeit gerade mit Serbien wirkt auch Stereotypen entgegen. Dazu sagt die Präsidentin der Jury, die bosnische Regisseurin Jasmila Zbanic:

„Wenn Gäste zum Festival kommen, können sich die Menschen selbst davon überzeugen, dass die Klischees der Medien einfach nicht stimmen. Das wirkt Vorurteilen entgegen, dass Serben Menschen mit Bärten sind, die Bosnajken abschlachten wollen, oder dass alle bosnischen Moslems verschleiert sind.“

Dass dem nicht so ist, zeigt das Zentrum von Sarajevo. Selbst das Kopftuch ist kaum zu sehen, während sommerliche Freizügigkeit dominiert. Trotzdem haben Frauen in Bosnien mit vielen Problemen zu kämpfen, erläutert Zbanic:

„Wir leben in einer Gesellschaft des Übergangs, die zwar einige Errungenschaften aus der Zeit des Kommunismus bewahrt hat, jedoch die Frauen durch die schwierige wirtschaftliche Lage zusätzlich belastet. Junge Frauen können oft nicht studieren, weil das Geld fehlt; und wenn Geld vorhanden ist, dann wird öfter Söhnen das Studium ermöglicht. Doch die Frauen haben im Krieg bewiesen, dass sie ihren Mann, bzw. ihre Frau stehen können.

Die Wirtschaftskrise belastet auch das Filmschaffen. Zwar ist der Andrang beim Festival groß, doch ansonsten sind die Zuschauerzahlen gering. Kinokarten kosten zwischen zwei und drei Euro pro Person, während eine Raubkopie in Sarajevo um denselben Preis zu haben ist. Um junges Publikum wird beim Festival daher besonders geworben. Jugendliche haben sogar eine eigene Jury, die mit Schauspielern diskutiert und den besten Jugendfilm prämiert. Doch gerade das Jugendprogramm zeigt, wie stark die Folgen des Krieges noch präsent sind. So ist vor jedem Spielfilm beim Festival, ein Film zu sehen, der über die Gefahr von Minen informiert. Derartige Filme werden wohl auch bei den kommenden Festspielen unverzichtbar sein, denn sogar in der Umgebung von Sarajevo ist die Minengefahr noch nicht völlig gebannt.

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