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Srebrenica und die Aussöhnung

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Vor zwei Tagen haben Überlebende, Hinterbliebene und Vertreter der internationalen Staatengemeinschaft des Massakers im bosnischen Srebrenica gedacht. Zum 10. Mal jährte sich am 11. Juli der Beginn des Massenmordes, dem 7.800 Bosnjaken, Männer, Jugendliche und Alte zum Opfer fielen. Gestern gedachten die Serben ihrer eigenen Opfer im Raum Srebrenica in einer getrennten Feier. Diese Trennung ist auch zwischen den Religionsgemeinschaften in Bosnien und in Serbien noch nicht überwunden. Über Srebrenica und die Kirchen berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Bei der Gedenkfeier in Srebrenica war praktisch der gesamte führend islamische Klerus aus Bosnien versammelt, der das Totengebet für die Opfer des Massakers sprach. An dieser Gedenkfeier nahmen auch Vertreter der islamischen Geistlichkeit aus Serbien teil. Einen Tag später gedachten die Serben wenige Kilometer von Srebrenica entfernt ihrer Opfer. Natürlich war bei dieser Feier auch die orthodoxe Kirche vertreten. Doch weder bei der einen noch bei der anderen Feier waren führende Geistliche der jeweils anderen Religionsgemeinschaft anwesend. Die Trennung der Völker über den Tod hinaus spiegelt sich somit auch in den Kirchen wider und jeder gedenkt nur seiner eigenen Opfer. Hinzu kommt, dass Vorwürfe nicht verstummen wollen, wonach zumindestens einer der mutmaßlichen Hauptverantwortlichen für Srebrenica von der Kirche geschützt wird. So gelten Klöster im serbisch-montenegrinisch-bosnischen Grenzgebiet als möglicher Unterschlupf für den ehemaligen bosnischen Serbenführer Radovan Karadjic. Zwar hat die serbische Orthodoxie diese Vorwürfe stets dementiert, doch am Begräbnis von Karadjics Mutter hielt jüngst der serbisch-orthodoxe Bischof von Montenegro, Amfilochie, die Trauerrede. Ganz in diesem Sinne hat daher auch die Orthodoxie bisher keine klaren Worte zu den Verbrechen gefunden, die in serbischem Namen im ehemaligen Jugoslawien begangen wurden. In diesem Sinne sagte in Bosnien jüngst der katholische Bischof von Banja Luka, Franjo Komarica, es sei nicht genug nur den anderen Vorwürfe zu machen, sondern man müsse damit beginnen, die Wahrheit auch in den eigenen Reihen möglichst klar zu erkennen. Wie schwierig das auch für die katholische Kirche ist, zeigt die Stadt Mostar, wo Kroaten und Bosnjaken einander im Krieg bekämpften. Die Stadt wächst erst mühsam zusammen, und viele Muslime empfinden das riesige Kreuz hoch über dem kroatischen Teil der Stadt noch immer als politisches Symbol und daher als Provokation. Die Religionsgemeinschaften haben somit 10 Jahre nach dem Massaker von Srebrenica und fast 10 Jahre nach Kriegsende noch keinen wirklich tiefgreifenden Beitrag zur Aussöhnung zu leisten vermocht.

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