Gedenkfeier in Srebrenica
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Berichte Bosnien
Weltkrieges gedacht. Vor zehn Jahren, am 11. Juli 1995, eroberten Truppen
der bosnischen Serben die Stadt Srebrenica und ermordeten in den folgenden
Tagen etwa 7.800 Bosnjaken, darunter viele Jugendliche und Alte.
Überschattet wird die Gedenkfeier durch den Umstand, dass die mutmaßlichen
Urheber des Massakers, die ehemaligen bosnischen Serbenführer Radovan
Karadjic und Ratko Mladic, noch immer nicht gefasst sind. Über die
Gedenkfeier berichtet aus Srebrenica Christian Wehrschütz
Die Feierlichkeiten beginnen heute mit der Öffnung eines neuen Massengrabes
im Raum Srebrenica. Etwa 30 derartige Massengräber gibt es noch, wobei die
genaue Lage all dieser Gräber und daher auch die endgültige Opferzahl noch
nicht bekannt sind. In der Gedenkstätte Potocari, fünf Kilometer außerhalb
von Srebrenica werden dann weitere identifizierte Opfer beigesetzt und deren
Namen verlesen. Bisher sind dort 2000 Personen beerdigt. Außerdem werden in
Potocari 15.000 weiße Kopftücher und Schals als Zeichen der Trauer verteilt.
Zu Mittag werden dann, Überlebende, Hinterbliebene, der islamische Klerus
und die Vertreter der internationalen Staatengemeinschaft eine
Schweigeminute abhalten. Vor allem für die internationale Gemeinschaft ist
Srebrenica in doppelter Hinsicht ein Ort der Schande. Sie hat durch ihr
Nichteingreifen das Massaker zugelassen, und zehn Jahre später hat sie
dessen mutmaßliche Urheber Ratko Mladic und Radovan Karadjic noch immer
nicht finden und verhaften können. Das ist auch der Grund dafür, warum Karla
Del Ponte, die Chefanklägerin des Haager Tribunals, nicht an der Feier
teilnehmen wird. Ihr großes Ziel war es, Karadjic und Mladic bis zum
heutigen Tag hinter Gittern zu sehen, und Del Pontes Fernbleiben ist daher
Ausdruck ihres Protestes. Proteste gab es auch von Überlebenden und
Hinterbliebenen, allerdings gegen die Teilnahme des serbischen Präsidenten
Boris Tadic an der Feier. Denn in Serbien haben ultranationalistische Kreise
gerade zu eine Welle von Berichten und Filmen über serbische Opfer in
Bosnien losgetreten, um die Schuld der bosnischen Serben und die Verquickung
Serbiens in dieses Massaker zu verdrängen. Dazu zählt auch, dass die Serben
im Raum Srebrenica für ihre Opfer bereits morgen eine eigene Gedenkfeier
abhalten werden. Dazu wurde ein sieben Meter großes Kreuz errichtet, und
auch die zeitliche Nähe haben die Bosnjaken als Provokation empfunden. So
zeigen auch die Gedenkfeier in Srebrenica und die morgen bevorstehende
Gegenfeier der Serben wie vergiftet das Klima zwischen diesen beiden
Volksgruppen in Bosnien auch zehn Jahre nach dem Massaker immer noch ist.