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Mostars schwieriger Weg zur Einheit

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Berichte Bosnien
In Bosnien soll nun die seit mehr als 10 Jahren geteilte Stadt Mostar vereinigt werden. Ein entsprechendes Statut für die Stadt, hat der hohe internationale Repräsentant, der Brite Paddy Ashdown in Kraft gesetzt. Das Statut beruht auf einem Entwurf, an dem auch bosnjakische und kroatische Parteien mitgearbeitet haben, doch konnten die Vertreter dieser beiden Bevölkerungsgruppen keine endgültige Einigung erzielen. Daher nutze Ashdown seine Vollmachten und setzte das Statut selbst in Kraft. Es soll binnen sechs Wochen umgesetzt werden und sieht eine einheitliche Stadtverwaltung vor. Doch die praktische Vereinigung wird ein sehr schwieriger und langwieriger Prozess werden, berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Mostar, die historische Hauptstadt der Herzegowina, besteht derzeit praktisch aus sechs Teilstädten. Jeweils drei dieser Teilstädte werden von den Kroaten und den muslimischen Bosnjaken kontrolliert. Eine einheitliche Stadtverwaltung gibt es in dem 105.000 Einwohner zählenden Mostar nicht. Auch im praktischen Leben ist die Stadt geteilt, obwohl keine sichtbare Mauer den kroatischen Westteil vom bosnjakischen Osten trennt. Dazu sagt der stellvertretende hohe internationale Bosnien-Repräsentant, der Deutsche Werner Wnendt:

„Es gibt zum Beispiel keinen gemeinsamen Rettungsdienst, es gibt keine gemeinsame Feuerwehr, es gibt Beispiele, dass auf der einen Seite ein Feuer ausgebrochen ist und die Feuerwehr von der anderen Seite nicht gelöscht hat und dadurch ein sehr viel größerer Schaden eingetreten ist. Es gibt unterschiedliche Sportstadien, es gibt geteilte Schulen, es gibt geteilte Gesundheitseinrichtungen.“

Diese Teilung soll nun durch ein neues Stadtstatut beseitigt werden, dass der internationale hohe Bosnien-Repräsentant Paddy Ashdown erlassen hat. Das Statut sieht vor, dass die sechs Teilstädte nur mehr den Status von Wahlkreisen haben und alle Kompetenzen auf eine zentrale Stadtverwaltung übergehen, die von einem Bürgermeister geführt wird. Außerdem sieht das Statut ein spezielles Wahlrecht vor. Es soll garantieren, dass Bosnjaken und Kroaten einander nicht dominieren können und auch die Serben im Gemeinderat entsprechend vertreten sind. Wie erfolgreich das neue Statut und damit die Vereinigung der Stadt bis zu den Gemeinderatswahlen im Herbst umgesetzt werden kann, ist fraglich. Das Misstrauen zwischen den Völkern sitzt auch acht Jahre nach Kriegsende noch immer tief. Vor allem die Bosnjaken fürchten, dass die wirtschaftlich und zahlenmäßig stärkeren Kroaten zunehmend die Vorherrschaft in Mostar erlangen könnten. Außerdem profitieren die nationalistischen Parteien beider Völker vom Misstrauen. Solange es besteht, ist ihre Dominanz in der jeweiligen Volksgruppe gewahrt, weil es keine multinationalen Parteien gibt, die das Kräfteverhältnis in Mostar entscheidend verändern könnten. Die internationale Bosnien-Verwaltung wird daher gehörigen Druck ausüben müssen, soll die Vereinigung Mostars nicht nur auf dem Papier, sondern auch im praktischen Leben der Stadt umgesetzt werden.

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