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Bosnien-EU-Botschafter

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Berichte Bosnien
Das Bosnien-Kontingent des Bundesheeres beendet heute seinen Einsatz in dieser ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik. In den vergangenen fünf Jahren haben mehr als 1.500 österreichische Soldaten in Bosnien gedient. Doch trotz des österreichischen Truppen-abzuges ist die Anwesenheit der internationalen Friedenstruppe SFOR weiter unerläßlich. Denn mehr als fünf Jahre nach dem Friedensvertrag von Dayton ist Bosnien noch immer weit davon entfernt, ein stabiles Land zu sein. Die Flüchtlingsrückkehr verläuft noch immer schleppend und von einem selbsttragenden Wirtschaftsaufschwung kann ebenfalls nicht gesprochen werden. Und bei den Wahlen im November haben die nationalistischen Parteien ebenfalls sehr gut abge-schnitten. Über die Lage in Bosnien hat unser Jugo-slawien-Korrespondent Christian Wehrschütz in Sarajevo mit dem EU-Botschafter Hansjörg Kretschmer gesprochen; hier sein Bericht:

Text:

Der Kosovo-Krieg und der Sturz von Slobodan Milosevic haben Bosnien-Herzegowina zunehmend von der interna-tionalen Tagesordnung verdrängt. Weniger politische und mediale Beachtung bedeuten aber auch fast immer weniger finanzielle Unterstützung. Diese Gefahr besteht nach Ansicht des EU-Botschafters in Bosnien, Hansjörg Kretschmer auf für die ehemalige jugoslawi-sche Teilrepublik:

„Im Augenblick ist es so das wir absehen können das sich die Gelder für Bosnien- Herzegovina stark reduzieren werden, zum Teil wird argumentiert, mit einem gewissen Recht, dass Bosnien-Herzegovina sehr viel bekommen hat, aus europäischen Geldern. Über 2 Milliarden Euro aber das kann kein Grund sein in Zukunft das Landes zurück fallen zu lassen, den offensichtlich hat dieses Land noch große Bedürfnisse.“

Denn trotz dieser zwei Milliarden Euro, umgerechnet knapp 30 Milliarden Schilling warten noch immer etwa 500.000 Personen, vor allem Binnenvertriebene, auf die Rückkehr in ihre Häuser. Warum die Rückkehr so schleppende verläuft erklärt Kretschmer so:

„Man darf nicht übersehen, dass es eben doch eine sehr große Zahl von Vertriebenen und Flüchtlingen gegeben hat in diesem Land und von denen gibt es eben noch eine erhebliche Zahl und die können einfach nicht alle mit internationalen Geldern zurückgebracht werden. Deshalb war es immer schon klar, dass die internationale Hilfe nicht 100 Prozent sicher stellen kann aber hinzukommt natürlich, dass die politischen Widerstände in der Vergangenheit sehr groß waren, Rückkehr zuzulassen und damit eine ethnische Durchmischung zuzulassen. Aber in der Tat hat das letzte Jahr gezeigt, dass sich in diesem Gebiet sicher einiges tut und ich bin eigentlich recht zuversichtlich, dass mit der neuen Regierung hier in Serbien und in der Föderation sich die Dinge zum Positiven wandeln. Das bedeutet, dass wir gegen ersten Erwartungen einen erheblichen Strom von Flüchtlingsrückkehrern haben werden während der nächsten Jahre.“

Vor allem in Teilen der Herzegowina und in der Repu-blika Srpska ist die Rückkehr bisher besonders lang-sam verlaufen. Dies hängt auch mit der schwierigen Wirtschaftslage zusammen. Zu den Voraussetzungen für einen selbsttragenden Wirtschaftsaufschwung sagt EU-Botschafter Kretschmer:

„Es hängt nicht nur davon ab das wir unter Umständen Investitionshilfen geben sonder das die Struktur der Wirtschaftsbedingungen ein fruchtbares Wirtschaften ermöglicht und Investoren, vor allem ausländische Investoren anlockt, da müssen wir vor allem ein funktionierendes Rechtswesen haben, eine nicht zu bürokratische Verwaltung usw.“

Doch diese Voraussetzungen fehlen nach wie vor; denn mit dem Friedensvertrag von Dayton wurde ein Staats-wesen geschaffen, daß aus drei Völkern, zwei Teilen, 10 Kantonen und sehr vielen Parlamenten sowie den internationalen Organisationen besteht, so daß von einer effizienten Verwaltung kaum gesprochen werden kann. Hinzu kommt ein beachtliches Maß an Korruption. So ist jüngst bekannt geworden, daß ein früher hoch-rangiger bosnischer Politiker in seiner Amtszeit mehr als 150 Millionen Schilling mißbräuchlich verwendet hat. Auf die Frage, ob Bosnien unter diesen Rahmen-bedingungen eine Zukunft als Staat haben kann, sagt EU-Botschafter Hansjörg Kretschmer:

„Es muss eine Zukunft geben, würde ich einmal sagen. Ich sehe auch durchaus eine Zukunft weil wir jetzt in der Region Jugoslawien, Kroatien positive Entwicklungen haben. In Kroatien sicher, in Jugoslawien mit einem Fragezeichen versehen aber wenn das in die richtige Richtung läuft, dann wird letzten Endes auch Bosnien mit in diese Richtung gezogen. Wichtig ist allerdings, dass die europäische Union die mentale Kraft aufbringt hier die Aufmerksamkeit nicht nur auf ein Land zu richten, sondern auch die ganze Region als globales Problem zu sehen und damit die gesamte Region näher den europäischen Strukturen zu bringen.“
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