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Ein Kindergarten als Mittel zur Integration in Mostar

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15 Jahre nach dem Ende des Krieges in Bosnien und Herzegowina bestehen noch immer Zweifel, dass der gemeinsam Staat der Bosniaken, Serben und Kroaten lebensfähig ist. Dabei gibt es auch durchaus positive Beispiele. Dazu zählt der multiethnische Kindergarten des evangelischen Diakoniewerks in Mostar, der neben behinderten Kindern auch Kinder aus allen drei Volksgruppen umfasst. Der Kindergarten besteht schon seit zehn Jahren und ist bis heute de facto die einzige Institution auf dem Bildungssektor, die in der Stadt am Fluss Neretva wirklich multiethnisch ist.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Mostar

Insert1: Sanja Nikolic, Mutter

Insert2: Biljana Celan, Direktorin des Kindergartens

Insert3: Biljana Celan, Direktorin des Kindergartens

Aufsager: Christian Wehrschütz aus Mostar

Gesamtlänge: 2’33

Vor dem Krieg war Mostar das Muster für das Zusammenleben zwischen Serben, Kroaten und Bosniaken. Nun gibt es kaum mehr Serben, und die beiden anderen Völker wachsen politisch mehr schlecht als recht zusammen. Selbst Mostars Wahrzeichen, die Brücke aus osmanischer Zeit, ist zwar eine Touristenattraktion aber kein völkerverbindendes Element. Diese Rolle spielt der Kindergarten „Sonnenbrücke“, und für die meisten Eltern ist diese Tatsache der Grund, warum sie sich für diesen Kindergarten entschieden haben:

"Das ist ein multiethnischer Kindergarten, das heißt, alle Nationalitäten sind hier vertreten, und es wir kein Unterschied zwischen den Kindern gemacht, auch Kinder mit Behinderungen und normale Kinder sind hier."

Multiethnisch heißt auch, dass Muslime sowie katholische und orthodoxe Christen unter einem Dach zusammenleben. Auch darauf wird Rücksicht genommen, wobei hier anders als in den ethnisch getrennten Gemeindekindergärten nicht gebetet wird:

"Wir bringen den Kindern alle religiösen Feiertage in einer Art nahe, die ihrem Alter entspricht. Das gilt etwa für den islamischen Bajram sowie für das katholische und orthodoxe Weihnachtsfest. Wir lehren die Kinder, dass man an diesen Tagen einander gratuliert und dass sie diese Tage jeweils beim anderen Kind achten."

Alle drei Völker sprechen de facto eine Sprache und sind einander auch sonst durch die gemeinsame Geschichte sehr nahe. Die Teilung der Stadt von Kindesbeinen an, wirkt auf den ausländischen Betrachter daher absurd:

"Das ist absurd, doch der Krieg hat eben das seine bewirkt, und diese Folgen spürt man leider auch heute noch. Hierher kommen Kinder, deren Eltern vor 15 oder 20 Jahren noch buchstäblich Auge in Auge gegeneinander Krieg geführt haben. So ist es ein großer Fortschritt, dass wir jedes Jahr in diesem Kindergarten etwa 40 Eltern versammeln, die ein derartiges Programm wünschen."

Bislang ist damit nach dem Kindergarten Schluss; denn Grund- und Mittelschulen sind ethnisch de facto geteilt, und in Mostar ist das ehemalige K. und K. Gymnasium die einzige Schule, in der Kroaten und Bosniaken bislang unter einem Dach wenn auch in getrennten Klassen unterrichtet werden.

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