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Srebrenica und Serbien

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Berichte Bosnien
Am 11. Juli jährt sich das Massaker in der bosnischen Stadt Srebrenica zum zehnten Mal. Obwohl von der UNO zur Schutzzone erklärt stürmten Einheiten der bosnischen Serben unterstützt von Truppen aus Serbien die Stadt. Das niederländische UNO-Kontingent griff nicht ein und die serbischen Besatzer verübten das größte Massaker seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa. Gesicherte Schätzungen sprechen von 7800 ermordeten Bosnjaken, doch Angehörige der Opfer gehen sogar von mehr als 10.000 Toten aus. Die Auftraggeber des Massakers, die bosnischen Serben-Führer Ratko Mladic und Radovan Kardjic, sind noch immer auf der Flucht. In der bosnischen Serben-Republik und in Serbien gelten sie vielen sogar als Helden. Dieses Bild wurde jüngst in Serbien etwas erschüttert, als zum ersten Mal Bilder gezeigt wurden, wie serbische Sondertruppen sechs Bosnjaken ermordet haben. Zwar wurden die meisten Täter rasch verhaftet, doch in Serbien wird der Massenmord in Srebrenica noch immer von vielen angezweifelt.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Srebrenica

Insert1: 0’27 Hatidja Mechmedovic, Vereinigung der Mütter von Srebrenica,

Insert2: 1’48 Svetlana Logar, Meinungsforscherin in Belgrad

Gesamtlänge: 2’20

Auch nach zehn Jahren ist Srebrenica noch immer vom Krieg gezeichnet. 37.000 Einwohner, vor allem Bosnjaken, lebten hier. Nun sind es knapp 12.000 und nur etwa 4.000 Bosnjaken kehrten bisher zurück. Ein wenig außerhalb liegt die Gedenkstätte, die an das Massaker erinnert. 1.300 Opfer sind bereits hier begraben. Überlebt hat Hatidja Mechmedovic. Sie leitet die Vereinigung der Mütter von Srebrenica:

„Wenn wir Mütter nicht übrig geblieben wären, würden sie die Zahl der Opfer verringern, wäre das nicht als Völkermord anerkannt, alles wäre so als wäre nichts gewesen. Ich bin ein lebender Zeuge, denn ich hatte zwei Kinder, einen Mann, hatte eine Familie, zwei Brüder, zwei Nichten und Neffen, jetzt habe ich sie nicht mehr. Eine Nichte liegt hier und im Juli wird hier mein älterer Bruder begraben.“

Von Mann und Söhnen fehlt noch immer jede Spur. Mehr als 30 Massengräber sind noch nicht geöffnet und auch die Identifizierung der Opfer ist schwierig. Zuerst müssen forensische Anthropologen die sterblichen Überreste zusammensetzten, ehe ein Vergleich mit dem Erbgut von Verwandten möglich ist. Etwa 2.000 Opfer wurden bisher identifiziert, doch allein in dieser Halle liegen noch 3.700 Leichensäcke.

Serbische Ultranationalisten ignorieren diese Tatsachen. So fand an der Universität Belgrad jüngst eine Veranstaltung statt, bei der die Zahl der Opfer und das Massaker überhaupt bestritten wurde. Für sie sind Ratko Mladic und Radovan Karadjic Helden. Eine politische Botschaft in diesem Sinne war es wohl auch, die der serbische Bischof von Montenegro Anfang Mai vermittelt. Er nahm am Begräbnis von Karadjics Mutter in Niksic teil und hielt auch die Trauerrede. Die Aufklärung über Srebrenica wird so jedenfalls nicht vorangetrieben:

„Etwa 70 Prozent haben davon gehört; doch dass das auch wahr ist, glaubt nur die Hälfte der Serben und nur etwa 40 Prozent sehen darin ein Kriegsverbrechen.“

Erschüttert hat die Position der Ultranationalisten in der Vorwoche ein Video, auf dem zu sehen ist, wie Sonderpolizisten aus Serbien bosnische Gefangene erschießen. Doch serbische Menschenrechtsaktivisten haben bei der Aufarbeitung der Vergangenheit nach wie vor einen schweren Stand. Für die meisten Medien ist das kein Thema und aktive Politiker haben bisher kaum klare Worte zu Srebrenica gefunden.

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