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Albanien hat neue Regierung

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Am 3. Juli ist in Albanien ein neues Parlament gewählt worden. Die Wahl brachte eine klare Niederlage für den langjährigen sozialistischen Ministerpräsidenten Fatos Nano. Gesiegt hat die Demokratische Partei unter Sali Berisha, der von 1992 bis 1997 Präsident Albaniens war. Obwohl Sieger und Verlierer bereits wenige Tage nach der Wahl feststanden, dauerte es zwei Monate, ehe ein neues Kabinett gebildet werden konnte. Grund dafür waren das komplizierte Wahlsystem und Nachwahlen in drei Wahlkreisen und daher stand das offizielle Ergebnis der Wahl erst Anfang September fest. Doch nun dürfte das Parlament in Tirana noch in dieser Woche die neue Regierung unter Berisha bestätigen, der damit nach sieben Jahren Opposition die Rückkehr an die Macht geschafft hat. Über die neue albanische Regierung und ihre zentralen Aufgaben berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Mit der Parlamentswahl im Juli und der nun erfolgten Regierungsbildung hat Albanien einen beachtlichen Schritt Richtung euro-atlantische Integration getan. Denn trotz aller Mängel war die Wahl die bisher fairste und transparenteste in der Geschichte der Demokratisierung Albaniens, der vor weniger als 20 Jahren begann. Ein Novum sind auch Regierungsbildung und Machtwechsel. Sie erfolgten zum ersten Mal auf demokratische und friedliche Weise. Trotz massiver Vorwürfe des Wahlbetruges akzeptierte der Sozialist Fatos Nano seine Niederlage und machte damit den Weg frei, für seinen politischen Erzfeind, den 61-jährigen Sali Berisha von der Demokratischen Partei. Im 140 Sitze zählenden Parlament verfügt seine Sieben-Parteien-Koalition über 81 Sitze. Damit verfehlt das Bündnis die Drei-Fünftel-Mehrheit nur um drei Sitze. Dieses Quorum ist nötig, um den albanischen Präsidenten zu bestellen, dessen Wahl im kommenden Jahr ansteht. Die sozialistische Opposition hat 59 Mandate, doch sie ist in zwei Lager gespalten, wobei in der Sozialistischen Partei noch die Nachfolge von Fatos Nano zu klären ist. Mit einer schlagkräftigen Opposition wird die neue konservative Regierung daher zunächst nicht rechnen müssen. Sie besteht aus drei Parteien und 16 Minister, bei deren Auswahl der 61-jährige Berisha auch einen Generationenwechsel eingeleitet hat. So haben zwar alle Regierungsmitglieder bereits mehrjährige politische Erfahrung, trotzdem sind sie zwischen 15 und 20 Jahre jünger als Berisha. So ist der neue Außenminister Besnik Mustafaj Jahrgang 1958, hat Französisch studiert, war fünf Jahre Botschafter in Frankreich und ist seit dem Jahre 2001 Abgeordneter im Parlament. Klares außenpolitisches Ziel Albaniens war und ist der Beitritt zu EU und NATO. Bis Jahresende könnten Tirana und Brüssel das Abkommen über Stabilisierung und Assoziation unterzeichnen, über das bereits jahrelang verhandelt wird. Gescheitert ist der Abschluss bisher an mangelhaften demokratischen Standards und an der grassierenden Korruption. Daher verspricht Sali Berisha auch:

„Ich werde sofort neue Standards im Kampf gegen die Korruption einführen, alle Gesetze ändern, die in dieser Hinsicht nicht so klar sind. Ich werde die Immunität der Abgeordneten für allgemeine Kriminalität und Korruption abschaffen und wir werden eine Task-Force unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten bilden, die die Korruption bekämpfen wird, um Transparenz zum das Prinzip dieser Regierung zu machen.“

Doch abgesehen von Korruption und Schattenwirtschaft muss die neue Regierung die großen sozialen Probleme mildern. Das Durchschnittseinkommen liegt zwischen 200 und 250 Euro im Monat, und viele Albaner halten sich nur mit Zweit- und Drittberufen sowie durch Verwandte über Wasser, die im Ausland arbeiten und Geld schicken. Um die Wirtschaft anzukurbeln muss die neue Regierung auch die Infrastruktur drastisch verbessern und damit die Versprechen einlösen, die sie und ihre sozialistischen Gegner im Wahlkampf gemacht haben. So versprachen die Sozialisten 24-Stunden-Stromversorgung für alle, die bezahlen sowie die Sicherung der Wasserversorgung für alle Gemeinden. Die nun regierende Demokratische Partei kündigte gar an, eine flächendeckende Wasser- und Stromversorgung binnen Jahresfrist sicherzustellen. Weiters sollen 4.000 Kilometer Landstraßen bis zum Jahre 2009 asphaltiert werden, wobei die Demokraten angeben, dass derzeit nur 12 Prozent aller Straßen in Albanien asphaltiert sind. Sali Berisha wird als Regierungschef an all diesen Versprechen gemessen werden. Einige von ihnen wird er auf jeden Fall einlösen müssen, damit Albanien am Westbalkan mit Ländern wie Mazedonien und Serbien auf dem Weg Richtung Europäischer Union einigermaßen Schritt halten kann.

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