× Logo Mobil

Österreichische Lehrer in Albanien

Radio
Dimensionen
Berichte Albanien
Das österreichische Bildungsministerium ist duch Auslandslehrer und Lektoren an Universitäten in vielen Staaten Ost- und Südosteuropas vertreten. Zu den Schwer-punkten zählt dabei Albanien. An den Universitäten in Tirana, Elbasan und Shkodra arbeiten insgesamt vier Deutsch-Lektoren, wobei die Universität in Shkodra auch noch mit der Universität in Graz zusammenarbeitet. Zuätzlich unterrichten an Schulen in Tirana und Saranda drei Auslandslehrer und in Tirana ist das Bildungsministerium auch noch durch eine sogenannte Bildungsbeauftragte vertreten. Mit ihr und einem Auslandslehrer hat unser Balkankorrspondent Christian Wehrschütz in Tirnana gesprochen und folgenden Bericht gestaltet:

Die technisch-wirtschaftliche Mittelschule entspricht in Österreich einer Handeslakademie. Die Schule hat fünf Klassen und 550 Schüler. Das Gebäude ist recht gut ausgestattet, doch die eigentliche Besonderheit beschreibt die Direktorin der Schule, Roza Cako, so:

„Entsprechend der geographischen Lage Albaniens sind die beliebtesten Sprachen Englisch und Italienisch. Doch unsere Schule ist eine der Schulen, wo dieses Konzept nicht mehr gilt; so ist auch Deutsch zu einer bevorzugten und beliebten Sprache geworden. Wir hoffen, dass diese Zusammenarbeit mit dem Lehrer und mit Österreich noch weiter vertieft wird und dass künftig auch das Fach Wirtschaft auf deutsch unterrichtet wird.“

Die technisch-wirtschaftliche Mittelschule wird auch von Kindern besucht, deren Eltern als Gastarbeiter in Deutschland oder Österreich gearbeitet haben. Doch das sind nur wenige Jugendliche. Anders als die Albaner des Kosovo arbeiten die meisten Gastarbeiter Albaniens in Griechenland oder Italien. Eine dieser Ausnahmen ist der 17-jährige Bruni Taci. Warum er Deutsch lernt, begründet Taci so:

„Jetzt hier in Albanien ist die Zeit, dass man viele ausländische Sprachen braucht, weil wenn man eine Arbeit bekommen möchte, dann sind die Chancen für eine Arbeit umso besser je qualifizierter man ist.“

Bruni Tacis Deutschlehrer ist der Österreicher Manfred Tagini. Er hat bereits lange Erfahrung am Balkan und arbeitet als Auslandslehrer des Bildungsministeriums seit mehr als zwei Jahren in Tirana. Zum Sprachunterricht sagt Tagini:

„Wir haben zum Beispiel nur zwei Stunden Deutsch in der Woche. Es gibt Wirtschaftsschulen die nur eine Stunde Deutsch haben, d.h., es gibt wenige Stunden Fremdsprachen, das ist ein sehr, sehr großer Mangel, das betrifft die erste Fremdsprache Englisch genauso, wie die zweiten Fremdsprachen.“

Ebenso wie der Lehrer kommen auch die Lehrbücher aus Österreich. Den Grund dafür beschreibt Tagini so:

„Man muss bedenken, dass es doch an vielen Schulen kaum Unterrichtsmaterialien gibt, dass es an vielen Schulen am Land sehr schlechte Bedingungen gibt, was die Erreichbarkeit im Winter betrifft, dass sind Dinge, mit denen wir hier in den Zentren, und das betrifft nicht nur Tirana, sondern auch Durres und andere größere Städte, mit denen wir hier nicht konfrontiert sind.“

Schlecht bestellt ist es auch um die Heizung und am Land sind viele Schulen auch baufällig. Dieser Zustand spiegelt die großen wirtschaftlichen und sozialen Probleme sowie das enorme Stadt-Land-Gefälle in Albanien wieder. Die Folge davon ist, dass nicht nur viele Lehrer nach Tirana abwandern. Das wirkt sich auch auf die Schule aus, erläutert der Österreicher:

„Dadurch, dass pro Tag ca. 500, 600 Leute im Durchschnitt nach Tirana zuwandern, wir in Tirana doch mit einer großen Schülerzahl in den Klassen konfrontiert sind. Wir haben das Glück hier, dass die Schülerinnen und Schüler in den Fremdsprachen geteilt sind, aber 40, 50 Leute in den Schulen sind durchaus in Tirana keine Seltenheit.“

Keine Seltenheit sind auch albanische Deutschlehrer. 26 unterrichten an staatlichen, weitere 100 an privaten Schulen. Doch pro Jahr bilden die drei Universitäten des Landes 100 neue Deutschlehrer aus. Es gibt daher zu viele Lehrer mit zu niedriger Bezahlung. Albanien ist fast so teuer wie Österreich, weil viele Waren importiert werden müssen. Ein Lehrer verdient aber nur etwa 150 Euro im Monat, zweit- und Drittberufe sicher daher das Überleben. Dieses Problem stellt sich im ganzen Land, trotzdem lebt es sich in Tirana besser, sagt Manfred Tagini:

„Wir in Tirana haben zwar auch immer wieder Probleme, was die Stromversorgung betrifft, aber wir wissen zumindestens, dass wir mit einer relativ gesicherten Stromversorgung an 20, 22 Stunden pro Tag rechnen können. Aber das ist im Norden, und durchaus auch in einer Stadt wie Skodra mit mehr als 100.000 Einwohnern, eben nicht der Fall. In Skodra muss man davon ausgehen, dass es Strom 4 bis 6 Stunden am Tag gibt und nicht mehr, und das lähmt wirklich jede Wirtschaftstätigkeit.“

Die Voraussetzungen für eine bessere Wirtschaft zu schaffen, ist eine der mittelbaren Ziele von Gerlinde Tagini. Sie ist Manfreds Frau und arbeitet im Auftrag des Unterrichtsministeriums als sogenannte Bildungsbeauftragte in Albanien. Gerinde Tagini betreut vier Wirtschaftsschulen sowie eine Landwirtschafts- und eine Tourismusfachschule. Mit österreichischer Unterstützung werden Köche, Kellner, Personal für Hotelmanagement und Rezeption sowie Landwirte ausgebildet. Die Basis dafür, war nach den Unruhen im Jahre 1997 ausgesprchen schlecht. Den früheren Zustand der Landwirtschaftsschule beschreibt Gerinde Tagini so:

„Es gab ein paar alte verrostete landwirtschaftliche Geräte und ein, zwei Kühe und ein paar Schafe. Der schlechte Zustand hängt auch damit zusammen, dass 1997 vor allem die berufsbildenden Schulen auch geplündert wurden. Wir haben eigentlich so ziemlich bei Null begonnen. Das positive, dass man auch erwähnen muss, ist, dass dann auch das Ministerium eingestiegen ist als es gesehen hat, wir bauen das etwas Positives auf, und auch das Schulgebäude aus Mitteln des Unterrichtsministeriums saniert und auch ein zweites Internat errichtet wurde.“

Mit österreichischer Hilfe wurden etwa Traktoren und Fleckvieh gekauft sowie der Schüler- und Lehreraustausch entwickelt. Zum Unterricht sagt Tagini:

„Es wird der ganze Themenschwerpunkt Fütterung, Viehzucht, Milchgewinnung, Milchverarbeitung trainiert. Ein anderer Schwerpunkt ist Obst- und Pflanzenbau, ein weiterer Schwerpunkt ist Landtechnik, so dass man auch in der Lage ist, die Geräte zu reparieren.“

Tourismus und Landwirtschaft sind Hoffnungsträger für den Wirtschaftsaufschwung in Albanien. Bis diese Hoffnung auch Realität wird, bleiben die vielen Gastarbeiter der entscheidende Wirtschaftsfaktor, den Manfred Tagini so erläutert:

„Das Geld, das über Auslandsüberweisungen von Albanern zurückkommt, von denen die in Italien oder Griechenland arbeiten, ist immerhin ein Vierfaches der Erlöse die Albanien durch Exporte erwirtschaftet, d.h., von dem her sieht man schon, dass ein Großteil des Lebensstandards eigentlich dadurch entsteht, dass vom Ausland Geld überwiesen wird. Deshalb kommt mir vor, wenn man jetzt die Lebenssituation von vielen Leuten in Tirana mit der Lebenssituation in Rumänien vergleicht, wo also nicht jeder vierte Rumäne im Ausland lebt, dass man doch sagen kann, obwohl das Lohniveau so entsetzlich niedrig und die Lebenssituation so schlecht ist, dass es vielen Albanern im Vergleich zu einem typischen Bulgaren oder Rumänen gar nicht ein Mal so schlecht geht.“

Das Bild vom Armenhaus Europas ist daher falsch, obwohl es auch in Albanien viel Armut gibt. Das Land ist weit vielfältiger als die gepflegten Klischees und das gilt auch für die Blutrache, betont Manfred Tagini:

„Wir leben direkt in Tirana, und es gibt, glaube ich, wenige Länder, wo der Unterschied zwischen Hauptstadt und den Landgebieten ein derart großer ist, wie das in Albanien der Fall ist. Ich glaube, alle Ausländer, die nach Albanien kommen, sind ein Mal überrascht, wie normal eigentlich das Leben in der Hauptstadt seit 1997 , seit den großen Unruhen, geworden ist, und natürlich wird man immer wieder konfrontiert mit Dingen, wie Blutrasche, die vor allem im Norden noch vorkommt, aber ich muss sagen, wenn ich meine Schüler hier so ansehe, für die sind diese Dinge wie Blurache fast genauso weit entfernt, wie das für österreichische Jugendliche ist.“

Facebook Facebook